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Stadtwerke vor feindlicher Übernahme

■ Der Stadtwerke-Vorstand will das Unternehmen offensichtlich vollständig von der Preag abhängig machen / Anteilseigner und Betriebsrat suchen Alternativen, um Jobs zu retten

Wird Bremen als Stromversorgungsgebiet praktisch dem Veba-Preag-Konzern einverleibt? Das, so sagt der Stadtwerke-Aufsichtsrat Rolf Godesar, ist derzeit das Ziel des Stadtwerke-Vorstandes. „Wenn das umgesetzt wird, was der Vorstand beschlossen hat, dann werden die Stadtwerke ein Stromverteil-Unternehmen der Preag.“

Godesar, der 12,5 Prozent Stadtwerke-Anteile des belgischen Konzerns Tractebel vertritt, hat der Preag den Fehde-Handschuh hingeworfen. Er bot an, über die Übernahme der Bremer Kraftwerke, die die Stadtwerke stillegen wollen, zu verhandeln. In der Konsequenz wären – anstelle der Preag – die Belgier bereit, die unternehmerische Führung der Stadtwerke zu übernehmen, legte Godesar nach Rücksprache mit seinem Konzern nun nach. „Ich finde das Angebot gut“, sagt dazu der Betriebsratsvorsitzende der Stadtwerke, Richard Harbort, setzt aber zunächst vorsichtig hinzu: „Wenn es denn ernst gemeint ist.“

Der Betriebsrat kann, wie auch Godesar, nicht glauben, daß die Bremer Kohlekraftwerke alle unrentabel sind. Wenn die Stadtwerke Überkapazitäten haben: „Was hindert das Unternehmen, diesen Strom auf dem liberalisierten Markt zu verkaufen?“ Das hat Harbort den Stadtwerke-Chef Gerhard Jochum immer wieder gefragt. Und keine befriedigende Antwort bekommen. Der Belgier Godesar ist unabhängig genug, um die mögliche Antwort offen auszusprechen: Rund um Bremen ist „Preag-Land“. Wenn Bremen seine Überkapazitäten verkaufen wollte, würden die Stadtwerke der Preag ins Gehege kommen.

Der Stadtwerke-Vorstand ist, so sieht es Betriebsrat Harbort, in dieser Lage „den Weg des geringsten Widerstands gegangen“. Der gesamte Strom, der in den Bremer Kraftwerken produziert wird, soll der Preag verkauft werden, fast die Hälfte der Kapazität – fünf Kraftwerke – werden stillgelegt, 200 Arbeiter gehen in Vorruhestand, 200 werden „sozialverträglich“ abgebaut. Was Godesar besonders stört: Der Stadtwerke-Vorstand hat dieses weitreichende Konzept am 6. Oktober beschlossen, der Presse am 7.10. mitgeteilt und es nicht für nötig gehalten, den Aufsichtsrat, der am 16. Oktober tagte, damit zu befassen. Ganz spontan fragte Godesar auf der Sitzung an, ob sein Konzern Tractebel die Bremer Kraftwerke übernehmen könne, um sie weiterzuführen. Er versichert, daß kein Bremer Kunde abgeworben werden soll. „Die Kraftwerke Hafen und Hastedt könnten doch weiter im Markt mitspielen“, findet Godesar und würde die Details gerne prüfen.

Die Bremer Stadtwerke würden erhebliche Stillegungskosten sparen, allerdings würden sie die Preag provozieren. Die Tractebel-Vertreter haben sich zu Gesprächen mit dem Bremer Stadtwerke-Vorstand angesagt. Nun gibt es den großen Streit.

Tractebel steht im Aufsichtsrat nicht allein da. „Steigende Gewinne bei drastisch sinkenden Arbeitsplätzen und sinkender Wertschöpfung in Bremen halte ich für ein nicht akzeptables Unternehmenskonzept der Stadtwerke Bremen“, formulierte Aufsichtsrat Heiner Heseler in einem scharfen Brief an den Stadtwerke-Vorstand. „Wenn Tractebel die Arbeitsplätze sichern kann und betriebsbedingte Kündigungen vertraglich ausschließt, dann wird das Ganze interessant“, schließt sich auch Betriebsratschef Harbort, der auf der Arbeitnehmerbank im Stadtwerke-Aufsichtsrat sitzt, an. K.W.

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