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Irische Pfarrer leben gefährlich Von Ralf Sotscheck

Wer hätte gedacht, daß das Priesteramt zu den gefährlichsten Berufen in Irland zählt? Und es sind nicht nur die teuflischen Versuchungen, denen die Pfarrer ausgesetzt sind, sondern vor allem weltliche Übeltäter, die ihnen an den weißen Stehkragen wollen. Das hat jedenfalls die Erhebung der Avon-Silberschmiede aus dem englischen Hertfordshire ergeben. Warum ausgerechnet im katholischen Irland die Geistlichen andauernd verhauen werden, hat das Unternehmen nicht herausgefunden. Aber die Silberschmiede hat ein nützliches Gerät entwickelt, das den Priestern Schutz bietet. Sie können ein preiswertes silbernes Kruzifix an einer Halskette per Mail-order bestellen.

Weil aber selbst der frommste Pfarrer weiß, daß ein Kreuz höchstens gegen Untote hilft, aber gegen lebendige Hooligans eher machtlos ist, hat man das priesterliche Arbeitsgerät etwas modifiziert: Reißt man den gekreuzigten Heiland von der Kette ab, stößt er einen Heulton aus, der noch in 50 Meter Entfernung zu hören ist.

„Wir haben festgestellt“, sagte Michael McCarthy von der Avon- Silberschmiede, „daß immer mehr Geistliche während der Ausübung ihres Amtes angegriffen werden. Wir merkten außerdem, daß sie Alarmanlagen oder andere Schutzvorrichtungen nur ungern offen tragen. So beschlossen wir, eine Alarmanlage zu erfinden, die unauffällig und benutzerfreundlich ist.“ Die gellende Sirene soll Tote auferwecken können, aber gegen diesen Nebeneffekt ist der Pfarrer ja dank des Kreuzes gefeit.

Das silberne Alarmkreuz ist vermutlich erst der Anfang. Sollte sich der kreischende Jesus bewähren, stehen den Sicherheitsfirmen viele Möglichkeiten offen, um die bedrohte Geistlichkeit gegen Gefahren aller Art zu wappnen. Der Weihrauchbehälter zum Beispiel, den die Pfarrer während der Messe schwenken, könnte mit CS-Gas gefüllt werden, um die aufmüpfige Gemeinde in Schach zu halten. Bischofsringe, die Elektroschocks aussenden, heilige Amulette, die beim Öffnen Säure verspritzen, mit K.O.-Tropfen versetzter Meßwein – der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Auch Papst Johannes Paul II. hat vorgesorgt. Er hat sich bei Bergara im baskischen Laressore einen besonders raffinierten Hirtenstab anfertigen lassen: eine Makhila. Das ist der traditionelle Wanderstock der Basken, der Name bedeutet „Todbringer“: Wenn man den Knauf abschraubt, kommt eine scharfe Klinge zum Vorschein. Bismarck, Willy Brandt, Hermann Göring, Ronald Reagan, de Gaulle und Charlie Chaplin gehörten ebenfalls zu Bergaras Kunden.

Dank des Alarmkreuzes können nun auch die Pfarrer, denen kein bischöflicher Hirtenstab zusteht, beruhigt in die Zukunft blicken. Ein Sprecher der katholischen Kirche in Irland sagte jedoch mißtrauisch: „Ich finde, die Alarmvorrichtung klingt wie ein Trick.“ Vielleicht hat er recht, denn das Silberkreuz könnte sich gegen den frommen Träger wenden, wenn er seiner Nebenbeschäftigung nachgeht – dem Kindesmißbrauch. In Irland sind in den vergangenen Jahren so viele Pfaffen dafür verknackt worden, daß man ihnen bald einen eigenen Knast bauen kann. Künftig müssen die Chorknaben nur kräftig am Jesuskreuz ziehen, wenn ihnen der Pfarrer zu nahe kommt.

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