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Über Haushalts-Tricks und Schatten

■ Dieter Mützelburg, Sprecher des Haushaltsausschusses, kritisiert Finanzbeschlüsse: Senat will sich „durchmogeln“

„Der Senat versagt bei der Lösung der Bremer Haushaltsprobleme.“ Mit dieser Schlußfolgerung hat Dieter Mützelburg (Grüne), der Sprecher der Haushaltsausschusses, die Finanzbeschlüsse des Senats vom Dienstag kommentiert. Mützelburg kritisiert vor allem die immer trickreichere Bildung von Schattenhaushalten. Deutlichstes Beispiel: Eine Lücke von 114 Millionen Mark im Etat 1999 will der Senat laut Beschlußprotokoll „schließen“ und zwar durch eine „kapitaldienstorientierte Refinanzierung aus dem Haushalt ab dem Jahr 2005“.

Im Klartext heißt das: Ausgaben von 1999 sollen ab dem Jahr 2005 bezahlt werden. Anstatt das aber als normale Neuverschuldung auf den Schuldenberg von offiziell 17 Milliarden Mark aufzurechnen, hat der Senat einen Trick beschlossen: Die Haushaltslöcher von 1999 werden aus dem „Investitions-Sonderprogramm“ gedeckt. Diese Investitionen werden aus dem Haushalt nach 2005 „finzaniert“. So kann der Finanzsenator offiziell weiter davon reden, daß 1999 Schulden getilgt werden.

24 Millionen Mark für den Ausbau der Oslebshauser Schleuse erscheinen nicht im Haushalt, sondern als langfristige Kreditschuld bei der „Bremer Hafengesellschaft m.b.H“. Auch die überfälligen Krankenhaus-Investitionen werden durch verdeckte Kreditaufnahmen finanziert. „Am Ende steht Bremen trotz Sanierungshilfe mit deutlich mehr Schulden aus diversen Schattenhaushalten da als vorher“, fürchtet Mützelburg.

Nicht nur das: Der Finanzsenator deckt zudem derzeit erhebliche Haushaltslücken aus Vermögensveräußerungen. Auf dem Papier sieht das gut aus, aber in zwei, drei Jahren ist dieses Auszehren der Substanz an ihrem Ende angelangt. Im Kulturetat 1999 fehlen 11,5 Millionen? Sollen aus Vermögensveräußerungen gedeckt werden, hat der Senat am Dienstag beschlossen. 1,3 Millionen Mark soll das Sportressort u.a. aus dem Verkauf der Sportflächen Benecken-dorff-Allee decken. Das Bildungsressort will sich mit dem Verkauf der Schule Holter Feld bis zum Ende des kommenden Jahres retten. Das Jugendressort will Kinderspielplätze für 6-8 Millionen Mark verkaufen. Beim Umweltressort fehlen 5,1 Millionen? Lücke wird aus Vermögensveräußerungen gestopft. Das Häfenressort muß pro Jahr ca. 50 Millionen für die Pensionslasten der BLG rüberschieben, dafür werden Hafengrundstücke verkauft, solange es geht.

Die Ressorts Bildung und Kultur sehen sich nicht in der Lage, ihre zusätzlichen globalen Kürzungsquoten für das Jahr 1999 darzustellen? „Kein unmittelbarer Handlungsbedarf“, steht in der Senatsvorlage. 24 Millionen Mark Verluste der Straßenbahn, 35 fehlende Millionen für Wohnungsbau-Förderung, die Liste ist fast endlos lang. „Die Regierung will sich mit einem ordentlich geschönten Haushalt bis zu den Wahlen zur Bremer Bürgerschaft im Juni des nächsten Jahres durchmogeln“, schließt Mützelburg.

Der Finanzsenator reagierte gestern nicht im Detail auf die Kritik Mützelburgs, sondern mit einer generellen Klarstellung: „Die zentralen Ziele des Senats auch für den Haushalt 1999 lauten: Konsequente Fortsetzung des eisernen Sparkurses und weiterhin zielgerichtete Investition in unsere Standorte, um Arbeitsplätze zu sichern und neu zu schaffen. Deshalb haben wir die bisher höchste Tilgungsrate in den Haushaltsplan eingestellt.“ K.W.

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