: Rüge für Lafontaine
■ Die EU-Kommission protestiert gegen Forderungen an die EZB nach Zinssenkung
Brüssel (rtr) – Die Rüge aus Brüssel in Richtung Bonn war deutlich: Die Europäische Kommission wies Forderungen an die Währungshüter, die Leitzinsen zu senken, als unannehmbar zurück. Weder seien der Europäischen Zentralbank (EZB) Anweisungen zu geben, noch habe die Währungsbehörde derartige Instruktionen zu akzeptieren, erklärte ein Kommissionssprecher gestern. Kurz zuvor hatte Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) die Eurobanker erneut aufgefordert, die Euro-Staaten im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu unterstützen. Die Bundesbank wird nach Einschätzung von Volkswirten die Leitzinsen vorerst aber nicht senken.
Der Kommissionssprecher erklärte, die Unabhängigkeit der EZB sowie der nationalen Notenbanken sei eine „sehr klare Sache“. Die Währungshüter hätten Anweisungen weder von einem Minister, einer Regierung oder EU-Institutionen zu befolgen. Im übrigen gebe es im Maastrichter Vertrag genug Regeln, die eine Diskussion zwischen den Währungshütern und den Wirtschaftspolitikern erlaubten. Die Kommission kann als Hüterin der EU-Verträge Verstöße dagegen ahnden.
Lafontaine erklärte, durch seine Forderungen werde die Unabhängigkeit der EZB nicht in Frage gestellt. Ihre Unabhängigkeit sei im Vertrag von Maastricht festgeschrieben. Der Vertrag sage aber auch, daß die Geldpolitik die Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft unterstützen solle. Lafontaine fügte hinzu, er wolle niemanden in der EZB unter Druck setzen. Die einzigen, die unter Druck stünden, seien die Arbeitslosen.
Der Vorwurf, er begehe mit seinen Forderungen an die Geldpolitik Vertragsbruch, sei lächerlich, so Lafontaine. Die gegenwärtige Diskussion um die Rolle der Geldpolitik in Deutschland und Europa sei eine „ganz normale, unproblematische“ Debatte. Der neue Finanzminister hatte seit dem rot-grünen Wahlsieg Ende September mehrmals Zinssenkungen gefordert.
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