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Nur noch Momper und Böger im SPD-Rennen

■ Nach Verzicht von Senator Strieder auf SPD-Spitzenkandidatur fällt Entscheidung zwischen dem Ex-Bürgermeister und dem Fraktionschef

Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) bewirbt sich nicht um die SPD-Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahl im Herbst 1999. Damit sind bei der Urwahl der SPD-Mitglieder am 17. Januar nur noch zwei Kandidaten im Rennen: der frühere Regierende Bürgermeister Walter Momper und SPD-Fraktionschef Klaus Böger.

Die Personaldebatte der letzten Wochen habe den Eindruck von Streit und Unentschlossenheit vermittelt, begründete Strieder beim SPD-Parteitag am Wochenende seinen Verzicht. Die SPD müsse zur Teamarbeit finden. Sie könne die Wahl nur gewinnen, wenn sie aus dem Wechselbad von Verzagtheit und Aufbruchstimmung herausfinde. Er wolle dazu beitragen, nicht als Spitzenkandidat, sondern „als einer, der sich zutraut, der Berliner SPD Profil zu geben“. Dieser Satz wurde als Bewerbung für den Parteivorsitz gewertet. Die Unzufriedenheit mit SPD- Parteichef Detlef Dzembritzki, aber auch mit Landesgeschäftsführer Norbert Meisner, war bei dem Parteitag deutlich zu spüren. Den beiden wurde nicht nur eine Parteitagsregie angekreidet, die keinerlei Aufbruchstimmung aufkommen ließ, sondern auch Managementfehler in den vergangenen Wochen. Artikuliert wurde sie von jüngeren Genossen wie dem Kreuzberger Kreisvorsitzenden Andreas Matthae, der von einem „Führungsvakuum“ sprach. Matthae hatte Böger wegen der Auseinandersetzungen um die Bergmann-Nachfolge gar zum Rücktritt aufgefordert. Der Wilmersdorfer Kreisvorsitzende Christian Gaebler forderte Landesgeschäftsführer Meisner auf, sich endlich um eine Wahlkampfkonzeption und die Parteiorganisation zu kümmern. Ex-Juso-Chef Matthias Linnekugel bemängelte, es sei kein Siegeswille der SPD erkennbar. „So geht es nicht“, hatte auch Strieder festgestellt und damit unausgesprochen auf die Parteispitze abgezielt.

Klaus Böger griff in seinem Redebeitrag Strieders Angebot auf, an der Profilierung der Partei mitzuwirken. „Das ist ein gutes Angebot an die Partei. Wir sollten das annehmen.“ Zuvor hatte sich Böger bei Strieder für dessen Verzicht auf die Kandidatur bedankt. Strieder hatte den Fraktionschef über seine Erklärung vorab informiert. Vereinzelte Delegierte sahen mit Strieders Schritt Mompers Chancen geschmälert. Böger selbst war so gut gelaunt wie schon lange nicht mehr in den letzten Wochen.

Die 320 Delegierten verabschiedeten zwei Leitanträge: In der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik setzt die SPD auf die Förderung neuer Technologien und eine stärkere Kooperation von Wirtschaft und Forschung. Problemkieze sollen u.a. mit einem Stadtteilmanagement stabilisiert werden. Bei der Krankenhausplanung wurde eine generelle Privatisierung städtischer Krankenhäuser ausgeschlossen. Außerdem lehnten die Delegierten eine Nahverkehrs-Holding von BVG und S-Bahn nach den Vorstellungen der Deutschen Bahn AG ab, weil diese damit ein Verkehrsmonopol erhalte. Die BVG müsse aber wettbewerbsfähig gemacht werden. Dorothee Winden

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