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Islamischer Dschihad bekennt sich zu Anschlag

■ Attentäter von Jerusalem gehörten zu der von Hamas abgespaltenen islamistischen Palästinenserorganisation. Arafats Geheimdienste verhaften mehrere Mitglieder der Gruppe

Jerusalem (taz) – Nicht die islamistische Palästinenserorganisation Hamas ist für den Anschlag vom vergangenen Freitag auf dem Mahane Jehuda Markt in Jerusalem verantwortlich, sondern die Abspaltung Islamischer Dschihad. Das geht aus einer Erklärung hervor, die die Organisation am Samstag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters abgab. Darin heißt es: „Diese heroische Operation war nicht die erste und wird nicht die letzte sein. Wir weisen jedes Abkommen zurück, in dem der zionistische Staat anerkannt wird.“

Bei dem Anschlag waren die beiden Attentäter ums Leben gekommen, 25 Israelis wurden verletzt. Nach dem Anschlag hatte ein anonymer Anrufer bei der israelischen Polizei Hamas als Urheber angegeben. Doch nach der Identifizierung der Attentäter bestätigte auch die Palästinensische Autonomiebehörde, daß es sich bei ihnen um Mitglieder des Islamischen Dschihad handelte. Die Organisation hatte sich Anfang der 90er Jahre von Hamas abgespalten. Ihr erster Führer Fathi Schikaki wurde vor zwei Jahren vom Mossad auf Malta erschossen.

Seit dem Anschlag am Freitag wurden mehrere Mitglieder der Organisation vom palästinensischen Geheimdienst festgenommen. Ein von der prominenten ehemaligen palästinensischen Gefangenen Itaf Alayan geleiteter Kindergarten des Islamischen Dschihad in Bethlehem wurde geschlossen.

Nach Angaben der israelischen Polizei wurde der Anschlag „amateurhaft“ ausgeführt. Ihm habe die Professionalität gefehlt, die Hamas bislang bewies. In der Erklärung droht der Islamische Dschihad mit weiteren Anschlägen, um die „großen Verschwörungen“, die das Oslo- und das Wye-Abkommen darstellten, zu Fall zu bringen.

Der Vertreter der Organisation in Syrien, Ramadan Abdullah Salah, bestätigte gegenüber Radio Monte Carlo, daß seine Organisation für den Anschlag verantwortlich sei. Dies deutet darauf hin, daß der Befehl zum Anschlag von außerhalb des Landes kam. Die inländischen Führer von Hamas und vermutlich auch des Islamischen Dschihad hatten sich in Gesprächen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde darauf verständigt, während der Umsetzung des Wye-Abkommens in den nächsten drei Monaten auf Anschläge zu verzichten. Die Auslandsführungen der Organisationen, die unter dem Druck des Iran und der libanesischen Hisbullah stehen, scheinen einen anderen Kurs zu verfolgen.

Bei den Attentätern handelt es sich nach Polizeiangaben um zwei Schwager. Der 22jährige Jussif Sughajar, stammt demnach aus der Nähe des palästinensischen Flüchtlingslagers Anata im Norden Jerusalems. Der zweite Attentäter, der 24jährige Suleiman Dahajneh, kommt aus dem Dorf Silat Harithiya in der Nähe von Dschenin im Norden des Westjordanlandes. Die beiden sollen sich im israelischen Gefängnis kennengelernt haben. Nach Angaben der israelischen Polizei war Sughajar erst vor wenigen Monaten aus israelischer Haft entlassen worden. Er verbüßte eine zweijährige Haftstrafe wegen Mitgliedschaft im Islamischen Dschihad. Der Vater erklärte, er sei stolz auf seinen Sohn, aber auch traurig. „Ich habe ihn nicht aufgezogen, um ihn auf diese Weise zu verlieren“, sagte er. Attentäter Dahajneh, war seit drei Monaten mit Sughajars Schwester verheiratet.

Bislang kann sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu glücklich schätzen, daß die drei Anschläge während und nach den Wye-Verhandlungen relativ glimpflich ausgegangen sind. Das verbessert seine Verhandlungsposition im Kabinett. Doch eine Garantie, daß es keine weiteren Anschläge geben wird, kann ihm niemand geben. Das Dilemma, das vorher die Arbeitspartei im Friedensprozeß traf, hat nun auch Netanjahu eingeholt. Georg Baltissen

Kommentar Seite 12

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