: Uni-Rektoren: Ohne Preis kein Fleiß
■ Die Berliner Uni-Präsidenten fordern die Einführung von Studiengebühren. Mehr Wettbewerb soll Hochschulen und Professoren zu Höchstleistungen zwingen. Kritik von Studierenden
Studieren künftig nur noch gegen Gebühren – das ist die zentrale Botschaft des „Berliner Manifests“, das die Präsidenten der Berliner Universitäten am gestrigen Freitag Bundespräsident Roman Herzog überreicht haben. Studiengebühren, heißt es darin, seien „die einzige Form, zu einer nennenswerten zusätzlichen Finanzierung zu gelangen“. Das Manifest ist die Bilanz einer zweitägigen Bildungskonferenz in Berlin.
Angesichts der „chronisch defizitären Finanzierung“ der Universitäten, so die Uni-Präsidenten, müsse sich der Staat entscheiden, ob er dieses Defizit durch eigene finanzielle Mittel beseitigen könne – oder eben Gebühren für das Studium erhebe. Diese sollen kreditfinanziert sein und in Abhängigkeit vom Lebenseinkommen zurückgezahlt werden. Die Unterfinanzierung der Unis wird auf vier bis sechs Millionen Mark beziffert.
Der Präsident der Technischen Universität, Hans-Jürgen Ewers, ohnehin Befürworter von Studiengebühren, hält den Vorschlag für „sozialpolitisch sinnvoll“. Ein abgeschlossenes Studium führe zu einem überdurchschnittlichen Einkommen und damit zu einer „sozial bedenklichen Privilegierung“ der Studierenden. Die ersten zwei oder drei Semester sollen aber gebührenfrei sein und die „psychologische Hürde des Studieneinstiegs“ bei sozial Schlechtergestellten senken.
Zudem drängen die Hochschul- chefs auf mehr Konkurrenz zwischen den Universitäten. Wie gut diese ihren Pflichten nachkämen, erweise sich am besten im Wettbewerb. Die Mitwirkungsmöglichkeit des Staates müsse sich auf den „Abschluß von Zielvereinbarungen in Kombination mit der Budgetzuweisung“ konzentrieren. Der gewünschte Effekt: ein verschärfter Kampf der Hochschulen um die Gelder. „Die Tendenz geht damit zu weniger und kleineren Unis“, urteilte Ewers.
Im Falle einer weiterhin rein staatlichen Finanzierung müsse diese ebenfalls nachfrageorientiert sein. Mit Bildungsgutscheinen etwa soll den Studierenden eine „Abstimmung mit den Füßen“ ermöglicht werden. Zusätzlich plane man auch eine „Revolution in der Besoldungsstruktur“. Vorgesehen sind ein einheitliches Eingangshonorar und ein leistungsbezogenes Zulagensystem.
Bei den Studenten stoßen die Vorschläge auf Kritik. „Die Präsidenten setzen dem Staat die Pistole auf die Brust und nehmen die Studis als Geisel“, sagte Ulrike Gonzalez, Mitglied des Kuratoriums der FU. Die erwartete Verbesserung der finanziellen Situation der Studierenden durch die geplante Bafög-Reform werde mit einer Einführung von Studiengebühren hinfällig. Gonzalez forderte, alle Besserverdienenden, insbesondere die Unternehmen, an der Finanzierung des Bildungssektors zu beteiligen. Andreas Spannbauer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen