: Nichts drin in den Töpfen
Entscheidungsspielraum eingeengt: Der Beirat für die Freien Theater stellte seine Empfehlungen für die Einzelprojektförderung 1999 vor ■ Von Katrin Bettina Müller
Die letzte Pressekonferenz der Senatsverwaltung für Kultur 1998 fand gestern ohne den Senator statt. Der Beirat für die Freien Theater stellte seine Empfehlungen für die Einzelprojektförderung 1999 vor und nutzte die Gelegenheit für eine Kritik am kulturpolitischen Rahmen. Während sich Senator Peter Radunski kurz vor Jahresschluß befriedigt über die Reform des Theaterförderkonzeptes auf die Schulter klopfte, sah das fünfköpfige Gremium seinen Entscheidungsspielraum weiterhin eingeengt. Vor allem erschwerte die Beratungen, daß die Höhe des Etats erst Ende November absehbar war.
Theoretisch ermöglicht das aktuelle Förderkonzept zwar eine Verschiebung der Mittel zwischen den kleineren Privattheatern und der Freien Szene; doch umgesetzt wurde sie nur zu einem kleinen Teil. Versandet sind die Reformansätze nach Ansicht des Beirates im Abgeordnetenhaus, das die Kürzung der Mittel für die Privattheater endlos vor sich her schob. Daß letztendlich nur die Berliner Kammerspiele ihre institutionelle Förderung verloren, leuchtet dem Beirat nicht ein. Protestschreiben an den Senat hätten nichts genutzt, berichtete Jury-Mitglied Claudia Henne, Journalistin des SFB. Ohne die Pleite des Metropoltheaters wäre es dem Senat wohl nicht einmal möglich gewesen, wenigstens den Anschein einer Reform zu wahren: Dadurch konnten die Mittel für den Posten „Sonstige Privattheater“ und „Kulturelle Aktivititäten Freier Gruppen“ um eine Million auf 24,5 Millionen aufgestockt werden. Der Beirat hingegen fand eine Million weniger in seinem Topf für die Basis-, Spielstätten- und Einzelprojektförderung, der für 1999 nur noch 7,1 (1998 8,1) Millionen umfaßte. Denn mit dem Aufstieg des Theaters 89, der Neuköllner Oper und von Sasha Waltz in die vierjährige Konzeptförderung haben sich deren Mittelansätze verschoben.
Zudem bemängelte der Beirat, nicht in die Entscheidung über die Konzeptförderung einbezogen worden zu sein. Seine Vorschläge wären in einem Punkt von den Senatsbeschlüssen abgewichen, wollte er doch auch das Jugendtheater Strahl in die Konzeptförderung einbezogen wissen. Jetzt erhält das Theater Strahl 300.000 Mark Basisförderung.
Die neu eingeführte Basisförderung kommt vor allem den Tanztheatern von Anna Huber, Fabian dept. und Xavier Le Roy zugute. Einzelprojektförderung erhalten erstmals die Tanztage Pfefferberg und die JC & Co Moving Worlds Company, die von der ehemaligen Tanzfabrik-Choreographin Jacalyn Carley gegründet wurde. Daß der Anteil der Tanzförderung überproportional gewachsen sei, sah die Jury durch die Qualität der Aufführungen und die Experimentierfreudigkeit der Gruppen gerechtfertigt.
Rausgeflogen aus der Förderung sind einige langjährige Stützen der Berliner Off-Kultur, wie die Tolada Dance Company, das Zan Pollo Theater und das Brüsselprojekt: Kontinuität allein reiche nicht aus, wenn die Produktionen nicht mehr das frühere Niveau erreichten, verteidigte die Jury diese Entscheidungen.
Am Rande berichteten sie von den Kuriositäten unter den 235 Anträgen. Die Holzapfelstiftung wollte eine Million für Hochhuths „Stellvertreter“, obwohl sie nicht einmal die formale Voraussetzung erfüllte, mindestens ein Stück herausgebracht zu haben. Die Tribüne, die um ihre Subvention als Privattheater fürchtete, hatte vorsorglich vier Millionen beantragt, mehr als die Hälfte des Etats.
Die Differenzen zwischen diesen Antragssummen und den bewilligten Zuschüssen verdeutlichen ein Dilemma, auf das Beiratsmitglied Rüdiger Bering, Dozent an der HdK, hinwies: Obwohl man Professionalität von den Freien Theatergruppen erwarte und sie auch finde, sind die Fördersummen weit davon entfernt, eine professionelle Bezahlung zu ermöglichen. Aber schließlich hat ja nicht zuletzt das kostenbewußte Wirtschaften der Freien Theatermacher das Herz des Kultursenators für sie eingenommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen