Kommentar: Völlig benebelt
■ Die SPD gibt Innensenator kein Contra
Wer denkt, Äußerungen wie die des Bremer Innensenators würden einen Sturm der Entrüstung auslösen, der irrt augenscheinlich. Eher verhalten und scheinbar sachlich weist der innenpolitische Sprecher der Bremer SPD darauf hin, daß die Innenbehörde in der Praxis sehr wohl Pässe für die doppelte Staatsbürgerschaft ausstellt, und nicht zu knapp. Muß man Borttscheller also nicht ernst nehmen?
Man darf unterstellen, daß Borttscheller sehr wohl weiß, was er in der Praxis verantwortet. Wenn er von deutschen Pässen für PKK-Kader daherredet, wo es um in Bremen geborene Kinder geht, dann hat das einen gezielten politischen Sinn: Borttscheller spielt die Rolle des Stimmungs-Machers fürs rechte CDU-Lager. Wenn der CDU-Innensenator die deutsch-nationale Stammtisch-Unkultur hoffähig macht, gibt es keinen Grund mehr, Rechtsradikal zu wählen. Das Fatale ist, daß solche Sprüche die Stimmung gleichzeitig fördern.
Man hätte erwarten können, daß die SPD das um der Sache willen ernst nimmt und angemessen hart reagiert. Immerhin ist diesem Mann mit dem Segen der SPD das Innenressort anvertraut worden, und er will es wieder bekommen nach der Wahl. Offenbar ist die SPD zufrieden mit der Koalition und ihrer Arbeitsaufteilung. Und vielleicht fürchtet die Bremer SPD ja auch den Konflikt auf diesem Feld, weil es auch wackere Sozialdemokraten gibt, die Borttscheller-Sprüchen unter dem Tisch Beifall zollen. Klaus Wolschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen