Kommentar: Offene Rechnungen
■ Irak/USA: Der Preis für die Spionage der Unscom wird hoch sein
Einen besseren Dienst hätte die US-Regierung Saddam Hussein nicht erweisen können. Die halbherzigen Dementis aus dem State Department können nicht darüber hinwegtäuschen. Unscom-Mitarbeiter fungierten als Spione für die USA. Schon Scott Ritter, US-Mitarbeiter von Unscom, hatte eingeräumt, daß er seine Erkenntnisse mit dem israelischen Geheimdienst Mossad geteilt hatte. Es mag unterschiedliche Motive geben, die Spionagetätigkeit jetzt an die Öffentlichkeit zu bringen. Eines aber ist gewiß: Die Verantwortung für Unscom trägt niemand anderes als Richard Butler. Und für diesen Fauxpas muß er seinen Hut nehmen. Gewiß hat Saddam Hussein sein Waffenprogramm so gut wie möglich vor den UN-Inspektoren versteckt. Und ebenso gewiß ist er eine Gefahr für den Nahen Osten. Doch wenn UN-Inspektoren nach sieben Jahren nicht in der Lage sind, seine Waffenprogramme und -verstecke zu identifizieren, dann sollten sie schlicht nach Hause gehen. Die Sanktionen gegen Irak müssen aufgehoben werden, denn sie treffen nur die Bevölkerung, nicht aber das Regime. Selbst die Bombardements vor zwei Wochen hat es überlebt. Die Perspektivlosigkeit der anglo-amerikanischen Offensive war nie deutlicher als jetzt. Und ihre zivilen Opfer werden sowohl von den USA als auch vom Irak verheimlicht. Eine Komplizenschaft, die zumindest zu denken gibt.
Jeder arabische Herrscher, der sich heute an die Seite der USA stellt, diskreditiert sich selbst. Zwar hat kein arabisches Land und erst recht keine arabische Regierung den Mut, der US-Politik am Golf zu trotzen. Aber die Auswirkung dieser Politik werden die USA noch in Jahrzehnten zu spüren bekommen, selbst wenn es keine offensichtliche Verbindung zur Irak-Politik der USA mehr geben wird.
Das Ende der derzeitigen arabischen Herrscher ist nahe. Sie sind alt, krank und verbraucht. Nach ihnen kommt die Unruhe. Und den Preis dafür werden die USA und Israel bezahlen müssen. Es wird keine Untat geben, die ihnen nicht heimgezahlt würde. Die vermutete Spionagetätigkeit von Unscom-Mitarbeitern wird dann nur ein Grund sein, um die US-Politik in Arabien in Grund und Boden zu verdammen. Die gegenwärtige US-Politik ebnet nicht den Weg für mehr Demokratie in Arabien, sondern den neuer Diktatoren. Vermutlich ist etwas anderes auch gar nicht gewollt. Georg Baltissen
Bericht Seite 11
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