: Keinen Pfennig für Integration
Koalitionskrach über Ausländerbeauftragten: Grüne schlagen Kandidatin vor, doch Bürgermeister Runde will kostenloses Ehrenamt ■ Von Sven-Michael Veit
Die Position des Ausländerbeauftragten des Senats sorgt für heftigen Streit in Hamburgs rot-grüner Koalition. Bei einem Spitzentreffen gestern vormittag im Rathaus scheiterten alle Versuche, das Amt neu zu besetzen. Ein weiterer Gesprächstermin wurde nicht vereinbart. „Wir haben uns eine Denkpause verordnet“, nennt das SPD-Fraktionschef Holger Christier.
Die GAL hatte vorgeschlagen, die Pädagogik-Professorin Ursula Neumann von der Universität Hamburg auf den Posten zu berufen. Gegen Person und Qualifikation der Expertin für Interkulturelle Bildung gibt es auch von SPD-Seite „keine Einwände“, wie Ludwig Rademacher, Sprecher von Bürgermeister Ortwin Runde, bestätigt. Strittig ist allein die Finanzierung. Die Sozialdemokraten bestehen auf einer ehrenamtlichen Besetzung der Position. Diese war zwischen SPD und GAL vereinbart, im Koalitionsvertrag aber nicht schriftlich fixiert worden.
Neumann jedoch hätte gern eine Forschungsassistentin an der Uni, um ihre Lehrverpflichtungen mit einer Tätigkeit als Ausländerbeauftragte vereinbaren zu können. Die Kosten von etwa 100.000 Mark jährlich solle die Stadt finanzieren, fordern die Grünen. Der Posten der Ausländerbeauftragten sei schließlich „ein politisch enorm wichtiges Amt“, meint GAL-Vorstandschef Peter Schaar. Man könne die Integration von Ausländern nicht als Freizeitbeschäftigung von Pensionären oder Millionären betrachten. Schaar weiß, wovon er spricht: Im Hauptberuf ist er – bezahlter – stellvertretender Datenschutzbeauftragter der Hansestadt.
Wenn die umstrittene Stelle schon nicht kostenlos zu besetzen ist, sollen wenigstens Uni oder Wissenschaftsbehörde dafür aufkommen, findet Bürgermeister Runde. Wissenschaftssenatorin und Zweite Bürgermeisterin Krista Sager (GAL) aber lehnt es ab, die Ausländerbeauftragte indirekt aus ihrem Ressort zu finanzieren. Und der Uni könne sie rein rechtlich keine Vorgaben machen. Auch SPD-Sozialsenatorin Karin Roth, aus deren Etat Büro und MitarbeiterInnen des (oder der) Ausländerbeauftragten finanziert werden, will keinen Pfennig dazubezahlen.
Wie das Problem gelöst werden soll, ist unklar. Runde erwartet, daß die GAL „die Person Neumann und das Prinzip Ehrenamtlichkeit zur Deckungsgleichheit bringt“, so sein Sprecher Rademacher. Grund zur Eile gebe es nicht. Der bisherige Ausländerbeauftragte Günter Apel, ein ehemaliger SPD-Senator, ist zwar schon im August 1998 offiziell aus dem Amt geschieden. Faktisch, bestätigte er gestern, „bleibe ich, bis die Nachfolge geregelt ist. Hoffentlich bald.“
GAL-Fraktionschefin Antje Möller denkt schon über „kreative Lösungen“ nach. Vielleicht, so hofft sie, „findet sich ein Sponsor“.
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