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Luther für „mutige Entscheidung“

■ Debatte um „Waterfront Cities“ eröffnet / Bau-Staatsrätin will „komplexe Urbanität“ in den alten Hafenrevieren entwickeln

Dem Bremer Senat liegen, streng vertraulich bisher, die Entwürfe von sechs Planungsbüros vor, die Vorschläge für mögliche Investorenkonzepte und die Perspektiven der alten Hafengebiete rechts der Weser machen sollten. Unter der Überschrift „Visionen für das nächste Jahrtausend“ sollen die in den nächsten Monaten debattiert werden, im alten Telekom-Gebäude an der Langenstraße ist gestern eine Ausstellung eröffnet worden, die am Beispiel Lissabon die Chancen von „Cities and Waterfront“ sinnlich vor Augen führen soll.

Die Diskussionsreihe, die dort stattfinden wird, eröffnete die Staatsrätin im Bremer Senatsressort für Bau und Stadtentwicklung, Ursula Luther, gestern mit einer beinahe programmatischen Rede. Die Chancen, diese 300 Hektar innenstadtnaher Fläche neu zu planen und für die Stadtentwicklung zu entwickeln, sei für sie ein wichtiges Motiv gewesen, nach Bremen zu kommen, gestand sie. Hinter den verschlossenen Türen der vertraulichen Senatssitzungen hat sie bisher erfolglos dagegen argumentiert, sich nicht durch Einzelentscheidungen die Chancen dieser Flächen immer mehr einzuengen. Überseehafen zuschütten, Großmarkt ansiedeln, den Zugang zum Europahafen durch die Ansiedlung eines Saftherstellers verstellen – Luther hatte sich immer für intelligentere Lösungen eingesetzt. „Diese Einzelentscheidungen schreien danach, jetzt eine Gesamtkonzep-tion zu entwickeln“, formulierte Luther. Das mit dem „Schreien“ konnten alle diejenigen, die sie in den Beratungen des Senats erlebt haben, wörtlich verstehen.

„Zentralität“ und Lagegunst“ der bremischen Hafenflächen sind einmalig für die Bau-Staatsrätin. Und sie erinnerte an mutige Entscheidungen in der Geschichte des bremischen Hafenbaus, um den heutigen Entscheidungsträgern Mut zu machen. In anderen Hafenstädten kann man gleichzeitig besichtigen, was eine weitsichtige Stadtpolitik bewirken kann.

Die innenstadtnahen Flächen sind für Luther dabei die einzige Chance in Bremen, „Urbanität in bester Lage“ zu entwickeln und dem Trend zum Häuschen am Stadtrand etwas entgegenzusetzen. Luther bekannte sich zu dem Leitbild der „kompakten Stadt“ und sprach sich gegen „faule Kompromisse“ aus. „Bremen droht die Mitte verloren zu gehen“, erklärte sie. In den vergangenen 30 Jahren ist die Einwohnerzahl Bremens in etwa geblieben, die benutzte Fläche um ein Drittel angewachsen, erklärte sie und widersprach damit dem Argument des Wirtschaftssenators, der immer wieder darauf hinweist, daß innerhalb der Bremer Stadtgrenzen mehr Grünflächen sind als in den Grenzen anderer Großstädte. Zur „kompakten Stadt“ gehört auch das Wohnen in der Stadt, erfolgreiche Stadtentwicklungs-Projekte Bremens wie die Universität oder das Airport-Gelände leiden, so Luther, an ihrer „Monostruktur“. Das alles besser zu machen und auch alte erhaltenswerte Bausubstanz einzubeziehen würde auf den 300 Hektar alter Hafengebiete möglich sein. Die Projektentwickler halten zum Beispiel die Fläche hinter der Großmarkt-Mauer am Weser-Ende des Überseehafens, auf der der Häfensenator Umschlagslager plant, für ein städtebauliches Schlüssel-Grundstück.

„Mutige Entscheidungen“ seien erforderlich, wiederholte die Staatsrätin, und der übervolle Saal signalisierte mit großem Beifall seine Zustimmung. K.W.

Am 4.3. wird das Häfenressort seine Zukunfts-Pläne vorstellen

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