: „Problematisch sehe ich das Innenressort“
■ Interview mit Birgit Busch, Sachbearbeiterin im Wirtschaftsressort, einem der neuen SPD-Köpfe, die für die Bürgerschaftswahl im kommenden Juni nominiert sind
taz: Sie arbeiten im Bremer Wirtschaftsressort – seit langem?
Birgit Busch: Sieben Jahre im Bereich der Technologieförderung.
Macht das einen Unterschied für die Arbeit im Ressort, ob ein SPD-Senator oder ein CDU-Senator an der Spitze steht?
Ich glaube nicht, daß das einen so großen Unterschied macht in der alltäglichen Arbeit. Unabhängig von der Senatorenspitze wird die Technologieförderung von allen Fraktionen als wichtiges Thema betrachtet.
Macht es für die Landespolitik einen großen Unterschied, ob die CDU mitregiert oder nicht?
Natürlich. Es gibt unterschiedliche Schwerpunkte.
Auch in der Wirtschaftspolitik?
Das kann man nicht so sagen. Es gibt aber Ressorts, wo ich denke: Das könnte auch anders laufen.
Wo sehen Sie das?
Problematisch sehe ich das Innenressort. Da könnte ich mir die Schwerpunktsetzung anders vorstellen. Oder in der Bildung.
Das Bildungsressort wird doch von einer SPD-Senatorin regiert.
Aber die Beschlüsse, die gefaßt und derzeit umgesetzt werden, sind Beschlüsse einer Koalitionsregierung. Die letzten aktuellen Beschlüsse, wie die Schulschließungen, sind zum Beispiel sehr schwer zu vermitteln.
Was ist das Feld, auf dem sie sich kompetent fühlen?
Mein Feld ist die Wirtschaftspolitik, Wirtschaftsstrukturpolitik. Wir haben gute Leute im Bereich der Wirtschaftswissenschaften. Ich könnte vielleicht meine guten Kontakte zu Unternehmen aus meiner beruflichen Tätigkeit mitbringen. Ich weiß, warum Unternehmer sich schwertun, die Grenze zur Behörde zu überschreiten.
Viele Unternehmer schimpfen auf die Wirtschaftsförderung ...
Die sich nicht zu beschweren haben, gehen nicht an die Öffentlichkeit.
Es gibt Fälle, in denen Förderung von Investitionen bewilligt wurde, das Unternehmen aber drei Jahre auf die Überweisung des Geldes warten mußte.
Wir hatten in der Vergangenheit Schwierigkeiten, Mittel auszuzahlen, was natürlich an der Haushaltslage lag. Schwierigkeiten gab es jetzt auch in der Umstrukturierungsphase zum McKinsey-Konzept. Aber im Grunde hat man immer versucht, da, wo die Not am größten ist, auch am schnellsten zu helfen. Kleine Unternehmen sind natürlich auf Fördermittel, die eingeplant sind, in besonderer Weise angewiesen.
Warum hat die SPD angekündigt, daß sie das Wirtschaftsressort besetzen will, wenn dort die Unterschiede zwischen CDU und SPD am geringsten sind? Warum nicht das Innenressort?
Das kann man so nicht sagen. Es gibt Unterschiede zwischen den Fraktionen bei den Schwerpunkten in der Wirtschaftspolitik. Wenig Auswirkungen hat das nur auf die alltägliche Arbeit im Ressort.
Welche Schwerpunkte?
Ich könnte mir vorstellen, daß einige Projekte anders angepackt werden, wenn das Wirtschaftsressort wieder unter einer SPD-Führung läuft.
Welche?
Zum Beispiel die Planung für die Arberger Marsch.
Ob diese Flächen zum Gewerbegebiet gemacht werden sollen?
Ob man sie wirklich braucht. Auch bei der Erweiterung des Technologieparks sind wir anderer Ansicht als die CDU.
Die Entwicklung der alten Hafenreviere ist für Ihren Stadtteil Findorff nicht uninteressant.
Die ist für Findorff absolut interessant. Aber ob man da das Überseehafenbecken zuschüttet und den Großmarkt ansiedelt oder ob man wie in Hamburg auch Wohnquartiere plant – in beiden Fällen wird die Verkehrsbelastung für den Stadtteil steigen, was problematisch ist.
Gibt es Unterschiede beim Sanierungsprogramm?
Das ist doch beschlossen worden, als die CDU überhaupt nicht im Senat war. Aber man könnte die Großprojekte einmal durchgehen und fragen, ob die wirklich so stattfinden müssen. Das Musical ist sicherlich nicht falsch, und der Space- und der Ocean Park, aber man könnte auch überlegen, Bremen im Bereich der Bildungspolitik bundesweit nach vorn zu bringen. Das könnte auch ein Anziehungsfaktor für Menschen und ein Ansiedlungsfaktor sein, wenn die Schulen hier modern und gut ausgestattet sind.
Wären sie, wenn die SPD nach den Wahlen die Wahl hat, eher für die Fortsetzung der großen Koalition oder eher für Rot-grün?
Vor vier Jahren hätte ich gesagt: Rot-grün. Jetzt sage ich: Schauen wir mal. Fragen: K. Wolschner
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