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Wissensupdate im Hörsaal

Der Weiterbildungssektor boomt. Auch Hochschulen bieten zunehmend Kurse, Programme und Aufbaustudien an, um Berufstätige fit für den Job zu machen. Doch damit decken sie gerade mal 16 Prozent des Marktes ab. Das muß sich ändern, fordern Fachleute  ■ Von Jeannette Goddar

Das Angebot kann sich sehen lassen: Von A wie Abfall und Recycling für Interessierte aus Industrie und Verwaltung bis Z wie Zuckertechnologie für Führungskräfte der Zuckerindustrie – Weiterbildung an der Universität ist längst keine Ausnahme mehr. 726 Seiten umfaßt die Zusammenstellung der „weiterführenden Studienangebote“ der Hochschulrektorenkonferenz in diesem Jahr. 1.300 Kurse, Seminare und Module sind dort verzeichnet.

Tatsächlich wird das Weiterbildungsangebot an Hochschulen immer umfangreicher. Standen in den siebziger Jahren vor allem Angebote für frisch diplomierte Akademiker auf dem Programm, die sich spezialisieren wollten – zum Beispiel auf Wissenschaftsjournalismus oder die Rechtssysteme anderer Länder –, wenden sich die Universitäten heute nicht nur an ihre Absolventen. Im Gegenteil: Es gibt kaum eine Gruppe, die an der Universität nicht ihr Wissen auffrischen kann.

Viele Studiengänge setzen lediglich Praxiserfahrung voraus; andere sind für bestimmte Berufsstände wie Krankenpfleger oder Mitarbeiter in Umweltämtern gedacht. Wieder andere Programme wurden im Auftrag einzelner Unternehmen für ihre Mitarbeiter entwickelt. Beispiel: Ein kleiner oder mittlerer Betrieb will Arbeitsabläufe reorganisieren und wendet sich an eine Hochschule mit der Bitte, eine maßgeschneiderte Weiterbildungsmaßnahme zu entwickeln.

Oft sind die Hochschulangebote billiger als die privater Anbieter – schließlich sind die Ressourcen wie Räume, Personal und technische Ausstattung ohnehin vorhanden. Außerdem ist in diversen Landeshochschulgesetzen die Zumessung der universitären Haushalte inzwischen an die Einwerbung von Drittmitteln gekoppelt: Wer viel einwirbt, bekommt auch mehr staatliche Gelder. Zum Teil allerdings müssen diese an das Land abgegeben werden.

In Zeiten eines immer weiter ausdifferenzierten Arbeitsmarktes nimmt der Bedarf an Weiterbildung enorm zu. Gemessen daran ist der Anteil der Universitäten an dem boomenden Markt immer noch recht klein. Rein statistisch sind staatliche Institutionen, zu denen neben Universitäten und Fachhochschulen auch die Volkshochschulen gehören, gerade mal mit 16 Prozent am Weiterbildungsmarkt beteiligt. 19 Prozent übernehmen freie Träger, 35 Prozent fallen auf Arbeitgeber. Das Angebot wird kräftig genutzt. 42 Prozent der Bundesbürger zwischen 19 und 64 Jahren klemmen sich freiwillig noch einmal hinter die Schulbank.

Experten in Sachen Weiterbildung fordern deshalb ein viel größeres Engagement der Universitäten. „Einer Hochschule, die Akademiker ausbildet, steht es gut an, wenn sie diesen auch nach ihrem Abschluß offen steht“, sagt Georg Schuhmacher vom Referat Weiterbildung der Freien Universität Berlin. Wenn sich erst der Bachelor als Abschluß eines dreijährigen Studiums durchgesetzt habe, werde sich sowieso einiges ändern. „Dann wird es völlig normal, sich regelmäßig Updates des eigenen Wissens zu verschaffen.“

Bedarf gibt es heute schon: „Angesichts der rapiden Entwicklung müssen sich auch Akademiker immer wieder an neuen Trends orientieren – und wo könnte man die besser vermitteln als an der Universität?“ Klaus W. Döring, Erziehungswissenschaftler an der Technischen Universität Berlin, kann mit dem Argument, Weiterbildung sei keine originäre Aufgabe der Universitäten, wenig anfangen: „Welchen besseren Ort, der eine vergleichbare Seriosität hat, gibt es denn?“ Er beklagt, daß Universitäten immer noch kein Ort für innovative Entwicklungen seien: „Sowohl die Mentalität vieler Professoren als auch die miserable wirtschaftliche Lage stehen immer noch vielem im Weg.“

Dabei habe der durch Weiterbildung erschlossene Kundenkreis auch positive Auswirkungen auf den klassischen Unibersitätsbetrieb. „Wenn wir uns zum Beispiel mit der Organisationsentwicklung in einem bestimmten Betrieb beschäftigen“, so der Duisburger Wirtschaftspädagoge Rolf Dobischat, „dann können wir unsere eigenen Theorien immer wieder anhand der Praxis überprüfen.“ Auch Projekt- und Diplomarbeiten der normalen Studierenden könnten so mehr Praxisnähe bekommen. Probleme sieht Dobischat vor allem bei der Zusammenführung von Angebot und Nachfrage: wenn Betriebe einerseits feste Curricula und verschulte Strukturen fürchten, Universitäten andererseits um ihren wissenschaftlichen Anspruch bangen. „Gerade in dem Bereich gibt es noch viel zu tun“, sagt Dobischat.

Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in Bonn sieht dem Auftrag der Universitäten bei der Weiterbildung ohnehin Grenzen gesetzt. „Wir müssen uns für Akademiker engagieren“, sagt HRK- Generalsekretär Josef Lange, „ein Hochschulstudium macht heutzutage nicht mehr unbedingt berufsfertig. Die Universitäten können dort am besten ansetzen.“ Andererseits sei eine Universität nicht unbedingt der richtige Ort, in größerem Rahmen berufliche Fortbildung zu leisten oder eine Art Volkshochschule für alle zu werden.

Nähere Informationen:

* „Weiterführende Studienangebote an den Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland“, herausgegeben von der Hochschulrektorenkonferenz, Verlag K.H. Bock, Bad Honnef 1998, 726 Seiten, 36,80 DM

* www.hochschulkompass.hrk.de

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