: May macht weiter
■ Die blinde Sängerin will nicht aufgeben / Nachfolgegruppe für Grand Prix auch fraglich
Weiter Wirbel um den deutschen Vorentscheid zum Grand Prix d'Eurovision: Nach der Disqualifikation der blinden Sängerin Corinna May gibt es jetzt auch am eilig benannten Nachrücker, der deutsch-türkischen Gruppe Sürpriz, Zweifel. Corinna May nahm jetzt erstmals ausführlich zu ihrem Aus Stellung und zeigte ihre tiefe Enttäuschung.
Auch der Sürpriz-Titel „Reise nach Jerusalem“ ist möglicherweise nicht neu. Das Komponisten-Texter-Team Ralph Siegel und Bernd Meinunger soll bereits 1984 einen ähnlichen Song veröffentlicht haben. Nach den Richtlinien sind nur unveröffentlichte Lieder zugelassen.
Siegel bezeichnete die Behauptungen des Musikverbandes als „lächerlich“. „Wenn man 1.500 Titel bei acht Tönen komponiert hat, dann entstehen auch schon mal Ähnlichkeiten.“ Man könne immer die Handschrift eines Komponisten erkennen. „Deswegen sprechen die Leute ja auch von einem Siegel-Schlager“, so der Erfolgsmusiker.
Auch der Norddeutsche Rundfunk (NDR) wies den Vorwurf umgehend zurück. „Nach meinem Kenntnisstand ist die Komposition ähnlich, aber nicht identisch“, sagte Jürgen Meier-Beer, zuständiger NDR- Musikredakteur. Dennoch werde der Fall weiter geprüft.
Darüber hinaus wies der Musikverband darauf hin, daß die Meldefrist für das Schlagerfinale in Jerusalem am 29. Mai bereits am 15. März abgelaufen sei. Meier-Beer sagte, Deutschland könne Teilnehmer noch bis heute benennen.
Corinna May will trotz der Enttäuschung weitermachen und bald wie geplant ihr neues Album veröffentlichen. Die Siegerin der Ausscheidung in Bremen war disqualifiziert worden, weil ihr Titel „Hör den Kindern einfach zu“ eine Kopie eines zwei Jahre alten Liedes war. Sie könne es immer noch nicht glauben, sagte die Sängerin und hielt ihre Tränen nur mühsam zurück. Es sei unfair, was man mit ihr gemacht habe.
Der NDR will nicht gegen ihren Manager und den Komponisten des Liedes vorgehen. „Die beiden sind wegen ihres beschädigten Rufes out“, sagte Meier-Beer. „Sie sind bestraft genug.“ Auch eine Regeländerung des Wettbewerbs könne er sich nicht vorstellen. „Der Grand Prix wurde 1956 für neue Produktionen geschaffen, nicht für alte Titel“, sagte Meier-Beer weiter. „Eine Regeländerung wäre nicht im Geist des Wettbewerbs.“ dpa
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