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Rasse in der Klasse

■ Ausländerfeindlichkeit ist mittlerweile auch an den Schulen Thema. Mit theoretischen Überlegungen läßt sich das Problem aber nicht lösen – und konkrete Ansätze fehlen

Die Liste der Dinge, von denen man erwartet, daß Kinder sie in der Schule lernen, ist lang und reicht von Alphabet bis Zoologie. Schwierig wird es dann, wenn es um die Vermittlung von Werten geht. Grundlage dafür sind die von den Bundesländern erstellten Lehr- beziehungsweise Rahmenpläne – und die offenbaren kaum mehr als grobe Hinweise. So findet sich im Berliner Rahmenplan für den Sozialkundeunterricht in Klasse 7 folgender Hinweis: „Lernziel: Einsicht in die Abhängigkeit der Wahrnehmung und Urteilsbildung durch Gruppen; Lerninhalte, ca. 10 Stunden: Vorurteile gegenüber Fremden, insbesondere Ausländern, anderen Gruppen und Randgruppen; Sachbegriffe: Soziale Wahrnehmungen, soziales Urteil, Wahrnehmungsverzerrungen in sozial-psychologischen Experimenten.“

Darüber hinaus tauchen Fragen nach Rassismus und Demokratie immer wieder anhand historischer Beispiele auf – im Rahmen der Bearbeitung des Dritten Reichs, beim Lesen von „Nathan der Weise“, bei der Debatte über Apartheid. Außerdem liegt allen Schulen seit Ende 1996 eine Empfehlung zur interkulturellen Bildung und Erziehung vor, in der auf die Bedeutung der „Ursachen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ hingewiesen wird. Einige Bundesländer sind in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, den Rahmenplänen Begleittexte zum interkulturellen Lernen beizulegen. Wie die Lehrer diese jedoch mit Leben erfüllen, ist ebenso ihre Sache wie die Auswahl der Bücher, die sie dazu verwenden. An letzteren mangelt es inzwischen nicht mehr. „Es gibt Unmengen Material“, erklärt Annetta Kahane, Leiterin der Regionalen Arbeitsstellen für Ausländerfragen, Jugendarbeit und Schule (RAAs) in den neuen Ländern. Probleme sieht Kahane bei der Anwendung: „Es gibt kaum Schwierigeres, als einen Lehrer zu überzeugen, mit dem Material zu arbeiten, das man selber für gut hält. In der Regel halten die an dem fest, was sie kennen.“

Kahane hält aber auch die alten westdeutschen Konzepte antirassistischer Pädagogik für gescheitert. Die gehen davon aus, jeder Schüler solle zunächst seinen eigenen Rassismus erkennen, um ihn anschließend bekämpfen zu können. „An einer Schule in Ostdeutschland, an der zur Hälfte selbsternannte Rechtsextreme sitzen, haut das nicht hin.“ Eigentlich, so Kahane, sei effektive antirassistische Arbeit nur nach persönlichem Kontakt mit den jeweiligen Schüler-, Lehrer- und Nachbarschaften möglich. „Sie brauchen praktisch maßgeschneiderte Programme.“ Auch Sanem Kleff, bei der GEW zuständig für multikulturelle Angelegenheiten, verweist darauf, wie schwer es ist, demokratische Strukturen über den Kopf zu vermitteln: „Zu einer antirassistischen Haltung gehört auch praktizierte Demokratie.“ Ihrer Ansicht nach bewähren sich zur Zeit vor allem Schulprogramme zum Antirassismustraining, wie sie von der Anne-Frank-Stiftung oder der Anti Defamation League entwickelt wurden. Außer den Lehrern sei bei einer Erweiterung antirassistischer und interkultureller Arbeit an den Schulen aber auch die Verwaltung gefragt: „Lehrer müssen viel stärker qualifiziert werden“, so Kleff, „und auch das Material muß gekauft werden. Literaturtips reichen eben oft nicht.“ Jeannette Goddar

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