: Paulis „letztes Kapital“
■ Präsident Heinz Weisener tritt nicht zurück, beharrt aber auf seinen Vertrag
Ein gescheiterter Vertrauensantrag, Gerüchte über Verhandlungen mit einem finanzkräftigen Sponsor und noch keine Lizenz für die kommende Saison: Die Zukunft des FC St. Pauli ist nach der Mitgliederversammlung (MV) von Donnerstag abend unklarer denn je.
Weil kein Finanzkonzept vorliegt, hat der Verein keine Chance, vom Deutschen Fußball Bund in den nächsten Tagen eine Zulassung zu erhalten.
Schon bei der MV hatte Präsident Heinz Weisener angekündigt, wen er für einen möglichen Zwangsabstieg verantwortlich machen würde: Den Aufsichtsrat. Er müsse noch am selben Abend dem von Weisener erarbeiteten Vertrag zustimmen. Der sieht vor, daß der Präsident ab 2001 praktisch Eigentümer der Marketingrechte wird und sich seine neuen Darlehen – rund sieben Millionen – Schritt für Schritt zurückholen darf. Wenn der Aufsichtsrat nicht unterschreibt, will Weisener sein Geld behalten. Dann, so der Architekt, drohe dem Verein der Offenbarungseid. „Wer behauptet, im Falle eines Konkurses gebe es Alternativen, handelt fahrlässig. Er schädigt mich, das letzte Kapital, das der Verein hat.“
Aufsichtsrats-Chefin Tatjana Groeteke verteidigte ihr Gremium. Es sei nicht möglich, den Vertrag in kürzester Zeit abzusegnen: „Die letzte Version ist uns 25 Minuten vor der Mitgliederversammlung zugefaxt worden“. Eine Einigung sei Mitte nächster Woche nach einer juristischen Prüfung möglich, so auch Aufsichtsrätler Uwe Doll.
Der Präsident ließ sich von seinem Kurs nicht abbringen. Mit einem Dringlichkeitsantrag stellte er die Vertrauensfrage. Damit so ein Antrag außerhalb der Tagesordnung zugelassen wird, ist aber eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig. Die verfehlte Weisener um knapp vierzig Stimmen.
Befürchtungen, er könne aus Verärgerung darüber zurücktreten, bestätigten sich gestern aber nicht. Er denke gar nicht daran, die Brocken hinzuschmeißen, verlautete gestern aus dem Umfeld des 71jährigen.
Hartnäckigen Gerüchten zufolge hat der Aufsichtsrat schon einen anderen Geldgeber kontaktiert. Er soll mit dem Millionär Michael Kölmel verhandelt haben. Der fordert offenbar alle Marketingrechte und ist im Gegenzug bereit, die Lizenz und den Bau des neuen Stadions zu sichern. Götz Weisener, Chef der Marketing GmbH, kann sich solche Kontakte durchaus vorstellen. „Das wäre allerdings merkwürdig. Ausgerechnet die Leute, die Heinz Weisener fehlende Transparenz vorwerfen, führen heimlich Verhandlungen.“
Gegenüber der taz räumte Doll gestern ein, daß es „Kontakte gegeben“ habe. Von „Verhandlungen“ könne jedoch nicht gesprochen werden: „Ich habe Herrn Kölmel nie persönlich gesehen.“ ruf
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