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„Ich bin kein Frühstücksdirektor“

■  Peter Gaehtgens hält die politische Zweckbestimmung der Universität für überholt. FU sollte sich statt dessen Wettbewerb und Lehre stellen

taz: Herr Gaehtgens, die FU ist in der Beurteilung durch die Studenten beim „Spiegel“-Ranking auf einem der hintersten Plätze gelandet. Wie erklären Sie sich das?

Gaehtgens: Wir müssen uns damit ernsthaft auseinandersetzen. Was hier getestet wird, ist die Zufriedenheit der Studierenden. Das ist nicht dasselbe wie Lehrqualität. Man kann die Ausbildungsqualität auch daran messen, wie sich die Absolventen hinterher schlagen. Dazu möchten wir eine Studie in Auftrag geben. Die einzigen Fächer, in denen sich schon jetzt etwas Objektives sagen läßt, sind Medizin und Pharmazie. Dort gibt es bundesweit einheitliche Examina, und da steht die FU auf dem vierten von 29 Plätzen. Was mich trotzdem irritiert, ist die katastrophale öffentliche Wirkung der Spiegel-Liste.

Fehlt an der Universität das Bewußtsein für solche Wirkungen in der Öffentlichkeit?

Das stimmt, aber das muß man ändern. Die Hochschullehrer müssen sich der Tatsache bewußt sein, daß die Universität nur existiert, weil es Studenten gibt. Ohne diese „Kundschaft“ wäre der ganze Betrieb überflüssig. Dieses Bewußtsein fehlt bei manchen. Natürlich spielen auch äußere Bedingungen eine Rolle. Daß man in heruntergekommenen Gebäuden nicht mit großer Freude studiert, weiß ich selbst.

Ihre Gegenkandidatin, Frau Schwan, möchte die Raumsituation durch die Nutzung des früheren amerikanischen Hauptquartiers verbessern. Sie hatten die Chancen dafür nicht sehr hoch eingeschätzt, doch inzwischen hat der Bundesnachrichtendienst auf das Gelände verzichtet.

Ich habe die Chancen nicht gering eingeschätzt, im Gegenteil: Ich habe die Initiative unterstützt. Aber die Vorstellungen, die Frau Schwan damit verbindet, halte ich für überzogen. Erstens hat die FU schon jetzt einen Campus. Zweitens könnten im Hauptquartier nur einige kleinere Fächer und die Publizistik einziehen. Warum das dann ausgerechnet das Herz des FU-Campus sein soll, leuchtet mir nicht ein. Außerdem ist die Begeisterung, in eine Kaserne zu ziehen, bei vielen begrenzt.

Die Kasernen lassen sich umbauen – das ist nur eine Frage der Kosten.

Das ist der dritte Punkt. Es ist ein Irrtum zu glauben, daß der Erlös aus dem Verkauf unserer Villen für die Herrichtung des Hauptquartiers reichen. Den Villenverkauf brauchen wir, um den wissenschaftlichen Nachwuchs zu bezahlen. Wir wissen ja noch nicht einmal genau, wieviel der Ausbau überhaupt kostet. Trotzdem sage ich: Das Hauptquartier wäre eine gute Arrondierung des vorhandenen FU-Campus. Aber es ist übertrieben zu sagen, damit bekäme die FU erst eine Identität.

Die Identität der FU war immer die einer besonders politischen Universität. Warum wollen Sie davon wegkommen?

Seit die Ost-West-Konfrontation nicht mehr existiert, hat sich die politische Zweckbestimmung dieser Uni überholt. Darüber ist die Geschichte hinweggegangen. Heute muß sich die FU dem Wettbewerb in Forschung und Lehre stellen. Sie darf ihre politische Relevanz nicht mehr an die Spitze der Prioritätenliste stellen. Das hat sie in Mißkredit gebracht.

Das Amt des Universitätspräsidenten befindet sich auf der Schnittstelle zwischen Hochschule und Politik. Ist es ein politisches Amt, wie Frau Schwan es sieht?

Sicher muß die FU sehr intensiv um ihr Bild in der Öffentlichkeit bemüht sein. Aber ich verstehe den Präsidenten nicht als Frühstücksdirektor, der die großen politischen Reden schwingt. Ob Frau Schwan das so sieht, weiß ich gar nicht. Ich schätze sie und fände es schade, wenn jetzt eine Mißstimmung entstehen sollte. Ich stelle mich daher auch nicht dafür zur Verfügung, in einer Entertainment-Unternehmung gegen sie zu fechten.

Sie haben deshalb gesagt, Sie möchten keinen Wahlkampf machen. Aber wenn sich zwei Personen um ein Amt bewerben, ist es dann nicht das Natürlichste der Welt, so etwas wie einen Wahlkampf zu führen?

Um die Stimmen der 61 Wähler im erweiterten Akademischen Senat, ja. Aber es entscheidet doch nicht jedes Mitglied der Universität. Daß sich so etwas in der Presse abspielt, das gibt es nur in Berlin. Mit Entertainment werde wir dem Amt, um das es geht, nicht gerecht. Gerhard Schröder hat ja auch einen Wahlkampf geführt, in dem es mehr um Unterhaltung als um den Inhalt ging. Das müssen wir an der Universität nicht übernehmen. Wer Spaß haben will, der soll ins Kino gehen oder den Reichstag besichtigen – die Wahl des FU-Präsidenten ist dafür nicht das richtige Feld. Da bin ich ganz prüde. Ich finde das Getöse um diese ganze Angelegenheit ein bißchen lächerlich.

Für die Wahl ist bereits eine Vorentscheidung gefallen: Die Professorengruppen im Akademischen Senat haben sich auf Ihre Person verständigt. Ist die Wahl damit schon entschieden?

Eine Wahl ist erst dann vorbei, wenn sie vorbei ist. Es gibt in der Universität keinen Fraktionszwang. Wenn diese Absprache aber als Kungelei bezeichnet wurde, dann kann ich das nur mit Verwunderung zur Kenntnis nehmen. Wenn man die Universität demokratisch betreiben will, muß man doch auch die Spielregeln der Demokratie akzeptieren. Die bestehen nun einmal darin, daß es Koalitionsverhandlungen gibt.

Interview: Ralph Bollmann

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