: Lehrer verkürzen ihre Schulzeit
Alte Pädagogen müssen weiterhin weniger arbeiten – mindestens für ein Jahr. Gewerkschaft feiert „Erfolg im Abwehrkampf“ ■ Von Karin Flothmann
Wenn Schulsenatorin Rosemarie Raab vor die Presse tritt, bleckt GEW-Chefin Anna Ammonn gewöhnlich die Zähne. Denn Auftritte der Sozialdemokratin wurden in den vergangenen Jahren zum Synonym für Sparorgien. Gestern hingegen verkündete Raab Hamburgs LehrerInnen nur frohe Botschaften: Die Altersermäßigung für ältere PädagogInnen soll zum Teil erhalten bleiben. Außerdem werden SchulleiterInnen stärker entlastet. GEW-Chefin Ammonn nahm's mit einem Lächeln hin – und verbuchte die Änderungen als „weiteren Erfolg im Abwehrkampf“ der Gewerkschaft.
Dieser Kampf beschert SchulleiterInnen in Grund- und Hauptschulen mehr Zeit für den Job als ManagerIn. Wer in Hamburg eine Grundschule leitet, muß bisher 28 Stunden pro Woche unterrichten. In Gymnasien dagegen beträgt die Unterrichtsverpflichtung nur 24 Stunden. „Diese unterschiedlichen Zeiten entsprechen nicht den gestiegenen Anforderungen an die Schulleitungen“, konstatierte Raab gestern. Ab August sollen daher die Leiter aller Schulformen einheitlich 24 Stunden pro Woche im Unterricht verbringen. Ein Nebeneffekt könnte sein, daß die Leitung von Grundschulen wieder attraktiver wird. Hierfür suchte die Behörde voriges Jahr verzweifelt motiviertes Personal.
Als weitaus größeren Erfolg bewertet die Vorsitzende der Hamburger Lehrerkammer, Margret Eisele-Becker, jedoch „das zwischen GEW und Schulbehörde ausgehandelte Moratorium zur Altersermäßigung“. Diese Regelung aus dem Jahr 1960 erlaubte es LehrerInnen bisher, ab dem 55. Lebensjahr eine und ab dem 60. zwei Stunden weniger zu unterrichten, ohne dabei aufs Beamtensalär verzichten zu müssen. Ursprünglich sollte diese Ermäßigung zum 1. August diesen Jahres ersatzlos gestrichen werden. So sollten die Schulen ein weiteres Scherflein zur Haushaltssanierung der Stadt beitragen. Gestern beschloß der Senat, daß zumindest alle 1330 Lehrer, die am 1. Februar 60 Jahre oder älter waren, bis zur Pensionierung altersermäßigt weiterarbeiten dürfen. Die 3050 Lehrer, die zwischen 55 und 59 Jahre alt sind, profitieren noch ein Jahr von der Ermäßigung; dann wird sie gestrichen.
Sollten die Pädagogen weiterhin eine Stunde weniger unterrichten wollen, so Raab, müßten sie lediglich 100 Mark brutto pro Monat abgeben.
Die GEW setzt jedoch nicht auf Gehaltsverzicht, sondern auf ein vernünftiges Altersteilzeitmodell. Entsprechende Neuregelungen der Lehrerarbeitszeit werden derzeit in einer von der Schulbehörde berufenen Arbeitsgruppe diskutiert. „Sollte es hier zu einer Verständigung kommen“, erklärte Raab, „so könnte eine Neuregelung schon ab August 2000 umgesetzt werden“.
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