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Vorwärts mit Kompromißformeln

Vor dem morgigen Treffen der Außenminister der G8-Staaten herrscht Konsens über den militärischen Charakter einer Friedenstruppe im Kosovo. Rußland besteht aber nach wie vor auf einer Zustimmung Belgrads zu einer Resolution des Sicherheitsrats  ■   Aus Bonn Dieter Rulff

Der russische Verteidigungsminister Igor Sergejew hat gestern eine Beteiligung seines Landes an einer internationalen Friedenstruppe im Kosovo in Aussicht gestellt. Bei einem Treffen mit den Verteidigungsministern der nordeuropäischen Länder in Stavanger sagte er, für eine Beteiligung müßten aber „klare Voraussetzungen“ erfüllt sein. Einzelheiten wollte er nicht nennen.

Wie aus dem Auswärtigen Amt zu erfahren war, haben sich die politischen Direktoren der G8-Staaten (USA, Kanada, Rußland, Japan, Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland) bei einem Treffen am Montag auf ein Papier geeinigt, in dem von einer zivilen und militärischen Präsenz im Kosovo die Rede ist. Bislang hatte die russische Seite immer nur von einer internationalen Präsenz zur Sicherung des Friedensprozesses gesprochen. Das Papier soll von den Außenministern der G8-Staaten bei ihrem morgigen Treffen in Bonn bestätigt werden. Zugleich soll die Kontaktgruppe eine Resolution für den Sicherheitsrat erarbeiten.

Diese Resolution, wie auch die Ausgestaltung der militärischen Friedensstreitmacht, ist allerdings der Punkt, über den es in der Runde der politischen Direktoren keine Übereinstimmung gegeben hat. Die übrigen vier Punkte des Fischer-Planes, auf den sich die Kompromißfindung wesentlich stützt, wurden als „lösbar“ angesehen.

Die russische Seite sei bereit, so das Auswärtige Amt, eine militärische Präsenz im Kosovo zu akzeptieren, schon allein, weil ansonsten nach Abzug der serbischen Militärs die UÇK sich dort ausbreiten würde. Allerdings gebe es in dem gemeinsam erarbeiteten Papier keine Festlegung auf einen „robusten Einsatz“ nach Kapitel VII der UN-Charta, was von den westlichen G8-Mitgliedern indes als unabdingbar betrachtet wird.

Auch beharre Rußland nach wie vor darauf, sich an einer Resolution des Sicherheitsrates erst zu beteiligen, wenn die Zustimmung Miloevic' dazu gegeben sei. Die übrigen Staaten würden eine solche Zustimmung zwar begrüßen und bestärken Rußland in seinen Gesprächsbemühungen mit Belgrad. Doch wird im Auswärtigen Amt darauf verwiesen, daß zu einem „robusten Einsatz“ nach Kapitel VII die Zustimmung der beteiligten Staaten nicht erforderlich ist. Bei den Gesprächen habe die russische Seite auch deutlich gemacht, daß ihr Einfluß auf Miloevic gering sei. Vielmehr verstehe es dieser geschickt, mit der öffentlichen Meinung in Rußland zu spielen und auf diese Weise seinen Einfluß geltend zu machen.

Die westliche Seite besteht weiterhin darauf, daß, wie beim SFOR-Einsatz in Bosnien, nur die Nato das Herzstück der zu bildenden Friedenstruppe sein kann und daß es einer einheitlichen Kommandostruktur bedarf. Rußland beklagt hingegen seine mangelhafte Einbindung in diese Kommadostrukturen, ein Problem, das im Auswärtigen Amt als lösbar erachtet wird.

Zugleich wurde betont, daß es „sofort“ zu einer Feuerpause der Nato kommen werde, sollten die serbischen Militärs mit ihrem Abzug aus dem Kosovo beginnen. Man habe allerdings nicht die allerbesten Erfahrungen mit Zusagen von Miloevic gemacht. Deshalb werde es zunächst eine 24stündige Feuerpause geben, die verlängert werde, wenn sich die serbische Seite weiter zurückziehe. Die Luftschläge würden eingestellt, wenn zudem von serbischer Seite die Kampfhandlungen und Vertreibungen beendet würden. Über dieses Vorgehen bestehe Einigkeit unter den westlichen G8-Staaten. Im Auswärtigen Amt zeigte man sich erstaunt, daß die Frage der Feuerpause im Zentrum der öffentlichen Diskussion über den Plan stehe, dabei sei es nur ein Schritt von mehreren. In dieser Fixierung erkenne man auch den Grund für die anfänglichen Vorbehalte gegen den Fischer-Plan auf amerikanischer und britischer Seite. Diese Vorbehalte erachtet man mittlerweile als ausgeräumt.

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