piwik no script img

KommentarOhne Deutsche!

■ Kampfverbände der BRD können in Ex-Jugoslawien nur Schaden anrichten

Bisher lehnen die Politiker aller deutschen Parteien eine Beteiligung der Bundeswehr an einem Nato-Bodentruppeneinsatz in Jugoslawien vehement ab. Fragt sich nur, wie lange noch. Angesichts der Tatsache, daß Präsident Miloevic nach acht Wochen Bombardierung durch die Nato fester im Sattel sitzt als je zuvor und die „ethnische Säuberung“ des Kosovo vor ihrem Abschluß steht, geht die Diskussion über einen Kampfeinsatz natürlich weiter. Und sollte es dazu kommen, wird auch die Bonner Bündnistreue angemahnt werden.

Dabei droht die Frage, was ein Kampfeinsatz deutscher Soldaten auf dem Balkan für die Menschen dort bedeutet, unterzugehen. Zur Erinnerung: Am 6. April 1941 griff die deutsche Luftwaffe Belgrad ohne Vorwarnung an. Dabei starben mehr Menschen als bei der Bombardierung Warschaus, Coventrys und Rotterdams zuammen. Im Herbst desselben Jahres ermordeten deutsche Soldaten in Kraljevo und Kragujevac an einem Tag 4.000 Menschen – jeweils 100 Zivilisten als „Vergeltung“ für jeden gefallenen deutschen Soldaten. Ende 1941 kamen auf 438 gefallene oder vermißte Deutsche bis zu 30.000 ermordete Zivilisten.

Angesichts dieser Vorgeschichte dürfte klar sein, daß jede Beteiligung der Bundeswehr an Nato-Kampfeinsätzen in Serbien dem Frieden schaden würde. Und das weniger, weil sie Miloevic mit einem Rückgriff auf den deutschen Faschismus Propagandamaterial lieferte. Wichtiger ist, daß der Anblick deutscher Uniformen bei vielen JugoslawInnen ein kollektives Trauma hervorruft – was zu einem Schulterschluß vieler SerbInnen mit einem Regime führen könnte, das viele von ihnen bereits in Frage gestellt hatten.

Eine Stärkung des serbischen Durchhaltewillens kann aber nicht im Interesse der Nato liegen – und schon gar nicht in dem der Bundesrepublik. Gerade ist es den Deutschen gelungen, durch den konstruktiven Bosnien-Einsatz der Bundeswehr alte Vorbehalte in Ex-Jugoslawien auszuräumen. Dort schaffen Bundeswehr-Soldaten seit 1996 tatsächlich Vertrauen in das demokratische Deutschland, indem sie Häuser reparieren, Brücken bauen und das größte Feldlazarett auf dem Balkan betreiben. Ein Kampfeinsatz in Serbien würde diesen für das zukünftige Bild der Deutschen in Südosteuropa unschätzbaren Erfolg zunichte machen. Rüdiger Rossig

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen