: Friedensbommel muß blechen
■ Überkritzeln eines CDU-Wahlplakates kostete 1050 Mark
Der Friedensaktivist Joachim Fischer aus der „Pusdorfer Friedensinitiative“ wurde gestern vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 1050 Mark verurteilt: Im Bundestagswahlkampf des letzten Jahres hatte er auf einem Plakat der Christlich Demokratischen Union (CDU) das „C“ im Parteilogo durchgestrichen und war von einem Junge Union-Aktivisten erwischt worden. „Mit ihrer Politik folgt die CDU nicht der Lehre Jesu“, begründete der Friedensaktivist, warum er der Partei die Christlichkeit aberkannte.
Der Raum 551 des Amtsgerichtes konnte den Andrang der friedensaktiven UnterstützerInnen des Angeklagten nicht fassen. Eine Handvoll Gäste mußte den Ausgang des Prozesses vor verschlossenen Türen erwarten. Die Tat im letzten September sei durch die für ihn unerträgliche Wahlkampfrede des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl auf dem Marktplatz ausgelöst worden, erklärte Fischer vor Gericht. Christliche Werte wie Barmherzigkeit und Bewahrung der Schöpfung seien der Unionspolitik fremd, die daher ihren Namen nicht verdiene. Die Bundeswehr sei zudem nach Ende des Ost-West-Konflikts durch die CDU-Regierung nicht abgeschafft worden, statt dessen seien neue Feindbilder aufgebaut worden. Die Kohl-Rede habe ihn derart aufgeregt, daß er „das nicht so stehen lassen konnte“.
Die Aktion des Friedens-Bommels Fischer (Markenzeichen: Bommel-Schiebermütze) wäre wahrscheinlich nie vor Gericht gelandet, hätte ihn nicht ausgerechnet der Vorsitzende der Jungen Union in Bremen-Stadt, Claas Rohmeyer, erwischt. Der war zwar gestern als Zeuge geladen, brauchte jedoch nicht auszusagen, weil Fischer die Tat nicht leugnete.
Das Strafverfahren hätte abgewendet wenden können, wenn Fischer ein Bußgeld bezahlt hätte. „Doch das wäre ein Schuldeingeständnis gewesen“, erklärte der Angeklagte vor Gericht. Standhaft behauptete er, keine Sachbeschädigung begangen, sondern mit seiner Plakat-Attacke lediglich „eine Korrektur eines Widerspruchs“ vorgenommen zu haben. Sein Verteidiger unterstützte ihn und sah nur „eine Meinungsäußerung eines harmlosen einzelnen Menschen“.
Da Fischer auf Nachfrage des Richters nicht ausschließen wollte, erneut CDU-Plakate zu manipulieren, verurteilte der Richter den Angeklagten zu 15 Tagessätzen á 70 Mark. Der Richter war der Überzeugung, daß Fischer ein „Überzeugungstäter“ und eine Wiederholung nicht auszuschließen sei. Die UnterstützerInnen des Friedensaktivisten begannen sofort mit einer Solidaritätssammlung für den Verurteilten. juf
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