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Schwarzer Filz vom Feinsten in Kreuzberg

■ Bezirksverordnete stimmen heute über Abwahl zweier CDU-Stadträte ab

Schwarzer Sumpf in Kreuzberg: Heute werden in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Abwahlanträge gegen zwei CDU-Bezirksstadträte gestellt. Der eine richtet sich gegen Berlins dienstältesten Stadtrat, den ehemaligen Baustadtrat und heutigen Wirtschaftsstadtrat Wulf-Jürgen Peter, der andere gegen seinen Bezirksamtskollegen, den Baustadtrat Matthias Stefke. Die beiden sollen durch dubiose Vermietungen bezirkseigener Räume den Bezirk um mehrere Millionen Mark gebracht haben. Besonders pikant: In mindestens zwei Fällen soll ein Kreuzberger CDU-Mitglied begünstigt worden sein. Die beiden CDU-Stadträte kommunizieren nur noch über ihre Anwälte und drohen sich gegenseitig mit juristischen Schritten.

Die Liste der Vorwürfe ist lang: So soll Peter als damaliger Dezernent des Grundstücksamtes mit besagtem CDU-Mitglied einen Mietvertrag über ein als Lager deklariertes Dachgeschoß in der Glogauer Straße abgeschlossen haben – für eine Mark pro Quadratmeter. Dieser soll das Geschoß für ein Vielfaches weitervermietet haben. Nach Vertragsabschluß seien die Lagerräume zudem vom Bezirksamt für 250.000 Mark umgebaut worden. Doch de facto erfolgte der Umbau illegal: Der eingereichte Bauantrag war so schlampig ausgefüllt, daß er nicht einmal zur Bearbeitung angenommen wurde. Stadtrat Stefke soll die „illegale Vermietung“ nach Angaben der Grünen weitergeführt haben, als er das Bauressort von Peter übernahm.

Besonders pikant wird es bei einer Vermietung in der Friedrichstraße – ebenfalls an das erwähnte CDU-Mitglied. Dort sollen Kellerräume illegal zu Büro- und „Ruheräumen mit Doppelbett“ umgebaut worden sein. Es ist sogar die Rede von einem „illegalen Puff“. „Sowohl Peter als auch Stefke haben diese illegale Praxis über Mietänderungsverträge offensichtlich unterstützt“, so die Grünen.

Ein Sonderausschuß befaßte sich bereits in der Vergangenheit mit einem weiteren Fall. Lange nach seiner Zeit als Baustadtrat soll Peter der Firma Visolux unzulässige Mietnachlässe in Höhe von über fünf Millionen Mark gewährt haben. Stefke wird dabei eine undurchsichtige Haushaltsplanung vorgeworfen.

Während der grüne Bezirksverordnete Özcan Mutlu von einem „schwarzem Sumpf“ spricht, redet die SPD dezent von „Mauscheleien“ und unterstützt nur den Abwahlantrag gegen Peter. Stefkes „Verfehlungen“ seien „nicht so gravierend“, daß eine Abwahl gerechtfertigt sei. In der Zwischenzeit wurde Stefke die Aufsicht über die Haushaltsplanung entzogen. Seine Aufgaben übernahm Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Bündnis 90/Grüne). In der nächsten BVV-Sitzung am 7. Juli wird über die Anträge abgestimmt. B. Bollwahn de Paez Casanova

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