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■ Gepflegte Herrenrunde: Wim Wenders' „Buena Vista Social Club“-Dokumentation
In Cocktailbars, Boutiquen und Plattenläden dudelt sie nun schon seit drei Jahren, die Musik des „Buena Vista Social Club“. Das ist vielleicht der eigentlich bemerkenswerte Aspekt: daß sich heute noch eine Platte, ganz ohne Musikvideo, weltweit verkauft, allein durch Presseberichte, durchs Hören und durchs Hörensagen verbreitet und trendbewußte Angehörige der MTV-Generation genauso gefangennimmt wie deren Eltern. Wenders reicht jetzt die Bilder zum Phänomen nach. Er hat eine Dokumentation gedreht über jene alten Herren aus Kuba, die sein amerikanischer Freund, der Gitarrist Ry Cooder, mit seinem „Buena Vista“-Projekt so spektakulär reaktiviert hat. Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen: Wenders hat den Musikern mit gewohnter Manieriertheit ein filmisches Denkmal gesetzt, daß er dabei an der Oberfläche bleiben mußte, versteht sich von selbst. Den betagten Protagonisten näherte er sich diskret und vorsichtig, zeigt sie als gepflegte Herrenrunde in Aktion, setzte sie an selbstgewählten Schauplätzen in Szene und ließ sie gerafft ihre Lebensgeschichte in die Kamera erzählen – der Rest ist Musik, von Ry Cooder und Wim Wenders mit dem Firnis der Vollkommenheit versehen.
Wenders hat die Gruppe über mehrere Wochen verfolgt, auf Kuba und auf ihrer ersten Tournee, die sie, auf dem Höhepunkt des Hypes, in die New Yorker Carnegie Hall führte, mit diesem Auftritt klingt der Film aus. Unfreiwillig hebt Wenders die Musiker auf einen Sockel und macht sie damit zu Popstars, die sie nicht sind. Die grobkörnigen Handkamera-Bilder, die den Eindruck dokumentarischer Unmittelbarkeit vermitteln sollen, erzeugen in ihrer digitalen Künstlichkeit genau den gegenteiligen Effekt. Das ist wohl Wenders' Dilemma: Auf der Suche nach dem letzten Rest Authentizität in der Welt wird doch alles, was er anfaßt, in seinen Händen zu etwas hochgradig Artifiziellem, das Leben zum Kunstklischee. db
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