: Scharping spart langsamer
■ Verteidigungsminister will erst nach der Sommerpause sagen, wo die starke Truppe spart. Kleinststandorte sollen fallen – aber keinesfalls der Wille zum Auslandseinsatz
Berlin (taz) – Stabsfeldwebel Jochen Grüning von der Aufklärungskompanie im nordischen Großenrode hat gemerkt, wie schnell die Bundeswehr sparen kann. Seit knapp zehn Jahren hat der Soldat mit einigen Kameraden die „Aktion Freundschaft“ aufgebaut – tonnenweise Hilfsgüter, hauptsächlich Medikamente, versendet Grüning nach Rußland, Somalia und wo eben gerade Not herrscht. Nun soll von heute auf morgen Schluß sein mit der unkomplizierten und schnellen Hilfe, weil der Standortkommandeur dem engagierten Stabsfeldwebel fünf halbe Stellen gestrichen hat. Es gelte, einen militärischen Auftrag vor der Insel Fehmarn zu erfüllen. Grüning könne gerne weiter allein humanitär tätig sein – das ist das Aus für die Auslandshilfe.
Finanzminister Hans Eichel merkt gerade, wie langsam die Bundeswehr sparen kann. Obwohl er Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) nun bereits zehnmal in eine persönliche Sparklausur gebeten hat, ist immer noch nicht ganz klar, wo die neuerdings wieder kampfbereite Truppe finanziell zum Rückzug blasen wird. Scharping kündigte nun in einem Hintergrundgespräch an, er wolle nach der Sommerpause ein Konzept vorlegen, wie die „ungewöhnlich schwierige“ Operation Sparen ausgeführt wird. 3,5 Milliarden Mark will Eichel von seinem Parteifreund auf der Hardthöhe; das Budget der starken Truppe soll auf 43,5 Milliarden Mark sinken – und wäre damit immer noch der drittgrößte nach Arbeit und Soziales (170 Milliarden) sowie Bauen und Verkehr (50 Milliarden).
Scharping sagte zunächst einmal, wo er nicht kürzen werde. An der planerischen und sozialen Sicherheit für die Soldaten, an der militärischen Leistungsfähigkeit sowie „am Willen und der Fähigkeit zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen“. Kritische Überprüfungen finden also an der Heimatfront statt: Kleinststandorte (wie die Fernmeldeeinheit Fehmarnsund in Großenbrode), Leistungen der Bundeswehr an Dritte (wie die Hilfsgütertransporte des Stabsfeldwebels Grüning) und gebührenfreie Leistungen (wie die Flugbereitschaft).
Die grüne Verteidigungsfachfrau Angelika Beer hat schon ihre Bereitschaft erklärt, „dem Minister beim Sparen zu helfen“. Beer unterstützt Scharpings Idee, die Krisenreaktionskräfte aufzustokken, die bislang aus 50.000 Soldaten bestehen, die auch außerhalb des Bundesgebietes die Waffe in die Hand nehmen dürfen. Dafür, so Beer, müsse man an die Hauptverteidigungskräfte ran, sprich die 290.000 Soldaten, die ausschließlich die Bundesrepublik verteidigen. „Notwendige Anpassungen“ in diesem Bereich, so charmant drücken sich die Grünen aus, würden sie nicht blockieren. cif
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