: Demokratie bald nur noch außer Haus
■ Wenige Wochen vor Ablauf des Mietvertrags ist die Zukunft der Initiativen im Haus der Demokratie noch völlig offen. Zoff um Beschluß, ein Haus in Prenzlauer Berg zu erwerben
Ende Juli läuft der Mietvertrag für die 40 Bürgerrechts- und Umweltinitiativen im Haus der Demokratie aus – und die Zukunft ist noch völlig ungewiß. Fest steht nur, daß das Kuratorium Ende Juni beschlossen hat, die Greifswalder Straße 4 in Prenzlauer Berg für etwa elf Millionen Mark zu kaufen. Mit im Rennen waren noch zwei Gebäude in Mitte, ein Plattenneubau in der Mauerstraße und ein Haus in der Linienstraße. Ein Großteil des Kaufpreises wird von den acht Millionen Mark bestritten, die der neue Eigentümer, der Deutsche Beamtenbund, für die veranschlagten Mietsubventionen gezahlt hat.
Derzeit ist noch unklar, wie viele der Initiativen umziehen. Zu ungewiß ist die Zukunft. So steht noch eine Entscheidung des Archivs „Grünes Gedächtnis“ der Böll-Stiftung aus, einen Teil des Gebäudes zu kaufen. Sollte das nicht der Fall sein, müßte Geld aufgenommen werden, was sich wiederum auf die Miethöhe auswirken würde. Das Objekt ist mit 4.000 Quadratmeter fast doppelt so groß wie jetzt.
Katharina Rürop von der Stiftung spricht von einer „politischen Grundsatzentscheidung“. Der Wunsch vieler Initiativen nach einem „Gründerzeitbau neben dem Reichstag“ sei illusorisch gewesem. Zwar wäre der Plattenbau in Mitte zentraler und billiger gewesen, doch sei er überhaupt nicht repräsentativ. Rürop hat zwar keine Zweifel daran, das neue Haus mit Mietern vollzukriegen, doch sie räumt auch ein, daß dann fraglich sei, was vom alten Haus der Demokratie noch übrigbleibe. Als neue Mieter sei derzeit unter anderem die Bundesgeschäftsstelle von amnesty international im Gespräch, deren Berliner Büro bereits zugesagt hat. Des weiteren habe es Anfragen etwa von der Weiberwirtschaft gegeben.
Erhard O. Müller vom Selbstverwaltungsverein, in dem 18 Initiativen zusammengeschlossen sind, kritisiert am neuen Standort vor allem die ungünstige Lage für Nutzer, die Publikumsverkehr brauchen oder auf Parlamentsebene tätig sind. „Das betrifft die meisten.“ Die, die dennoch umziehen, „gehen zähneknirschend, weil es keine andere Alternative gibt“. Die entscheidende Frage sei, ob man ein Haus für regierungsunabhängige Organisationen oder für ein „altlinkes Milieu“ wolle, „das man überall ansiedeln kann“. Das „Aktionsbündnis Erwerbslosenproteste“ hat bereits Widerstand angekündigt. Sollte der Kauf nicht gestoppt werden, wollen sie die Friedrichstraße 165 besetzen. B. Bollwahn de Paez Casanova
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