piwik no script img

■ Zusatzmittel für Mifegyne-Abtreibung nicht zugelassen

Nehmen wir an, eine Frau ist jung genug, Nichtraucherin, ausgiebig beraten und entschieden. Ist RU 486, Handelsname Mifegyne, nun das Abtreibungsmittel der Wahl? Kaum, meint der Chef des Berufsverbandes der Frauenärzte, Armin Malter. Gynäkologen sollten „die Finger davon lassen“, rät er seinen KollegInnen, denn sie würden für eventuelle Komplikationen „voll haften“. Falls sie die Frauen schriftlich informieren, teilen sich beide das rechtliche Risiko.

48 Stunden nach Einnahme der Mifegyne-Tablette, die den Fötus absterben läßt, soll ein Prostaglandin zur Austreibung der Frucht führen. Solche Prostaglandine gibt es zwar auf dem deutschen Markt, aber für andere Anwendungen – keine der Herstellerfirmen hat eine Zulassung als Abtreibungsmittel beantragt. Das besonders billige und oral anwendbare Cytotec trägt auf dem Beipackzettel einen ausdrücklichen Warnhinweis, bei Schwangerschaften sei es „kontraindiziert“, zu deutsch: nicht anzuwenden. In Frankreich ist es zugelassen, sehr verklausuliert heißt es dort: Bei Schwangerschaft kontraindiziert außer nach dem Gesundheitsgesetz, Paragraphen 162,2 und 176, hinter denen sich das Abtreibungsrecht verbirgt. Das in der Anwendung etwas kompliziertere und um ein Vielfaches teurere Cergem darf dagegen in Deutschland zur Einleitung einer Ausschabung, also der operativen Abtreibung, verwendet werden. Hier dürften die rechtlichen Probleme für Arzt oderÄrztin minimal sein, denn man kann ja eine Ausschabung vorgesehen haben, die dann unnötig wurde, weil es schon zu einer Fehlgeburt kam, dank der Medikamente. Cergem wird aber von einigen Gynäkologen wie dem Münchner Frauenarzt Friedrich Stapf als ungeeignet angesehen, da die Nebenwirkungen und Schmerzen stärker seien als bei Cytotec: „Die Krämpfe sind ungleich stärker.“

Der Prostaglandinspezialist Hans Peter Zahradnik, Gynäkologe an der Uniklinik Freiburg, möchte solche Befürchtungen nicht bestätigen: „Die Cergem-Zäpfchen sind sehr hoch dosiert und haben deshalb starke Nebenwirkungen, aber ein halbes reicht für die Austreibung in der Regel aus.“ Zahradnik versteht die Zurückhaltung der Firmen: „Wie ein Schreckgespenst steht im Raum, daß dann vor dem Tor die Abtreibungsgegner mit Plakaten stehen und darauf riesengroß ,Mörder‘.“ Und dafür ist dieser Markt nicht lukrativ genug. Heide Oestreich

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen