piwik no script img

Adebar kehrt zurück

In den 70er Jahren verschwanden sie fast von der Bildfläche. In diesem Jahr brüten wieder 4063 Storchenpaare in Deutschland  ■ Von Tina Kampf

Der Storch ist nach Deutschland zurückgekehrt: 4063 Paare brüten allein in diesem Jahr hier. Und das, nachdem die Tiere seit den 70er Jahren praktisch von der Bildfläche verschwunden waren. Schon seit Jahren versuchen Ornithologen, die Störche wieder für Deutschland zu begeistern. „Warum die Tiere plötzlich in so großer Zahl Deutschland den Rücken gekehrt haben, weiß niemand“, sagt Holger Schulz, Leiter des NABU-Instituts für Wiesen- und Feuchtgebiete aus Bergenhusen (Kreis Schleswig-Flensburg). Klar war nur, daß die Storchenpopulation weltweit zurückging und die wenigen Exemplare von ihrem afrikanischen Winterquartier aus vermehrt nach Osteuropa zogen.

Für Schleswig-Holstein wird seit 1934 eine Statistik zum Bestand des Weißstorches („Ciconia ciconia“) geführt. Danach gelten 1935 bis 1940 als Spitzenjahre mit durchschnittlich 2000 Horstpaaren pro Jahr bei jeweils rund 3500 ausfliegenden Jungvögeln. Nach dem Krieg gingen die Bestandszahlen ständig zurück auf jährlich rund 210 Horstpaare mit jeweils 500 ausfliegenden Jungen seit 1987.

Die Vogelkundler reagierten – und holten Meister Adebar zurück nach Deutschland: Allein in der Pfalz und im Saarland bereiteten Vogelschützer den Störchen 63 Nester, die die brutwilligen Tiere baufertig beziehen konnten. Überall wurden Feuchtwiesen angelegt, damit die Vögel ihren Appetit auf Frösche und Insekten stillen konnten. Zahlreiche vorbeiziehende Paare nahmen das Angebot an, ließen sich nieder und ziehen ihren Nachwuchs inzwischen wieder in Deutschland auf. Außerdem wurden Strommasten mit Schutzhauben versehen, um den Tod auf den Masten zu verhindern.

18 Paare und knapp 50 Jungtiere leben allein in der Pfalz. Noch vor einigen Jahren gab es dort keinen einzigen Storch. 136 Brutpaare registrierte Baden-Württemberg, womit das Land im „Storchenmittelfeld“ liegt. „Die Vögel ziehen eher in den Osten und Norden Deutschlands“, sagt Hans-Wolfgang Helb von der Uni Kaiserslautern. Allein in Brandenburg haben sich in den vergangenen Jahren 1260 Paare niedergelassen – Tendenz steigend: Immer mehr Paare scheinen sich nach der Expertenmeinung für Deutschland zu erwärmen.

Doch auch die übrigen europäischen Länder können sich über eine zunehmende Anzahl von Storchenfamilien freuen: Nachdem erste weltweite Schutzprogramme Erfolge erzielten, nahm die Population der Tiere wieder zu. 166.000 Paare wurden beim jüngsten weltweiten Zensus 1994/95 gezählt, den der NABU in Auftrag gegeben hatte. Lediglich in Südosteuropa und Dänemark scheinen sich die Tiere nicht mehr wohlzufühlen – dort ging der Bestand zurück.

„Alles in allem war unsere Arbeit bisher erfolgreich, wobei wir auch weiterhin noch viel für den Schutz der Tiere tun müssen“, sagt Holger Schulz. Es sei schließlich nicht ausreichend, nur im Sommerquartier der Störche die Situation zu verbessern, wenn die Vögel dann in ihren Winterlagern in Afrika Gefahren ausgesetzt seien.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen