piwik no script img

Jekyll und Hyde doktorn an der Auslastung herum

■ Mit Permanenz und Penetranz ins Sommerloch: Die Produzenten des Musicals am Richtweg gehen mit neuer Kampagne in die Werbeoffensive, um das Theater zu füllen – egal, wieviel das Ticket kostet

Wer sich in diesem Sommer zum Urlaub an der Nordsee aufhält, kann sich auf etwas gefaßt machen. „Es sind dort 30 Promoter unterwegs, um den Touristen möglichst permanent und penetrant einen Besuch des Musicals nahezulegen“, kündigte der Mitproduzent des Bremer Musicals „Jekyll & Hyde“, Lutz Jarosch, gestern eine neue Werbeoffensive an. Mit der soll – wie ein Marketing-Mann an anderer Stelle klar formulierte – nicht nur „die Küste beackert“ werden. Eine neue, etwas frechere Anzeigenkampagne, der Verkauf der gerade bei Polydor erschienenen CD und vor allem ein kunterbuntes Angebot verschiedener Rabatte sollen dabei helfen, „Jekyll & Hyde“ über den ersten Sommer zu bringen.

Die Produzenten vom Musical am Richtweg müssen auch etwas tun. Wie berichtet und auch zu erwarten war, ist es mit Beginn der wärmeren Jahreszeit immer schwieriger geworden, Karten zum vollen Preis zu verkaufen. Nach dem überraschend guten Start Ende Februar gähnte bald das Osterloch, und im Sommer haben die meisten Menschen abends auch eher etwas anderes vor, als ins Theater zu gehen. „Im August müssen wir für die Auslastung etwas tun“, sagt Lutz Jarosch ganz offen und meint damit sowohl Werbung als auch weitere Ermäßigungen. Stark anziehende Vorbestellungen für September sowie die Aussicht auf das Herbst- und Weihnachtsgeschäft seien, so Jarosch, beruhigend.

Im Sommer werden Nordsee-UrlauberInnen günstige Tagestouren für knapp 140 Mark inclusive Transfer und Stadtführung angeboten. Auch ein Busdienst auf sechs Linien wird angeboten. Jarosch: „Jeder Bus fährt, egal wie viele Leute drin sind.“ Doch auch in Bremen laufen schon seit Wochen Kampagnen mit reduzierten Preisen und scheinen zu greifen. Der Vertrieb am Richtweg hat ChorsängerInnen, Rotkreuzlern und anderen Firmen und Verbänden billigere Karten angeboten. StudentInnen erhalten inzwischen starke Ermäßigung und dürfen neuerdings auch in einer besseren Kategorie Platz nehmen.

Der Produzent Jarosch setzt auf eine PR der Ehrlichkeit, wozu sich der kriselnde Brachenriese Stella auch durchgerungen hat. Dessen Straucheln ist nach Jarosch dafür verantwortlich, daß es im Business-to-business-Bereich (Stichwort: Busunternehmer) noch nicht so klappt: „Viele Partner warten eine halbe bis ganze Saison ab, bevor sie Katalogseiten freigeben.“ Laut einer Publikumsbefragung kommen nur vier Prozent der BesucherInnen mit dem Bus.

Doch Jarosch blieb bei aller Offenheit nicht widerspruchsfrei. Die Auslastungszahl bezifferte er mit 75 Prozent und legte dazu die – ansonsten freilich – positiven Ergebnisse der Befragung und stark nach oben zeigende Kurven mit Kartenverkäufen auf den Projektor. Ob „Jekyll & Hyde“ aber im Ergebnis eine „schwarze Null“ schreibt oder sie am Jahresende erreichen wird, konnte Jarosch gestern noch nicht sagen. Die Buchhaltung sei noch nicht so weit. Egal, merkt ja auch keiner, daß Auslastungszahl und echtes Ergebnis stark voneinander abweichen (vgl. Kasten rechts). Die wohlwollenden Bremer Medien veröffentlichen heute die als neues Ziel angepeilte Zahl von 400.000 BesucherInnen am Ende das Jahres.

Das wäre viel, zumal laut BesucherInnenumfrage rund 40 Prozent von auswärts kommen und der größte Teil dieser Auswärtigen auch in Bremen übernachtet. 400.000 BesucherInnen entsprechen bei rund 600.000 verkaufbaren Karten einer Auslastung von 66 Prozent. Egal, wie viel die Leute für ihr Ticket bezahlt haben. ck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen