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Raubzug des Bundesumweltministeriums verhindert

■ Bundesumweltamt stoppt Abwerbung seiner besten Mitarbeiter

Der Ärger über den gerade beigelegten Streit klingt noch in der Stimme nach. „Es war dringend notwendig, daß wir uns geeinigt haben“, sagte der Leiter der Zentralabteilung des Bundesumweltamtes, Thomas Holzmann, gestern zur Beilegung eines Streites zwischen Bundesumweltamt und Bundesumweltministerium. „Was die vorhatten, konnten wir uns nicht gefallen lassen.“

Das Bundesumweltministerium mit erstem Dienstsitz in Bonn beschloß im Oktober, nachdem Jürgen Trittin an die Spitze des Hauses getreten war, 25 Prozent seiner Bediensteten nach Berlin zu schicken – allerdings auf freiwilliger Basis. Da Beamte nicht immer das Abenteuer Großstadt suchen, fehlen dem Ministerium nun knapp 30 Mitarbeiter, die ab September antreten sollten. Dann werden die Pforten des zweiten Amtssitzes am Alexanderplatz geöffnet.

Um das Personalproblem zu lösen, entschloß sich das Umweltministerium, Informationsveranstaltungen beim Bundesumweltamt in Berlin durchzuführen. Die entpuppten sich als Abwerbungsgespräche. Nach Darstellung des Bundesumweltamtes gab sich das Umweltministerium zudem wählerisch: Man wollte nicht jeden nehmen. Nur die Elite in den Referaten sollte zum Umweltministerium wechseln. Die anderen Mitarbeiter sollen getrost mit dem Bundesumweltamt im Jahr 2003 nach Dessau umziehen. „Dem mußten wir einen Riegel vorschieben“, so Holzmann. Denn ursprünglich sei geplant gewesen, daß das Umweltministerium die „Härtefälle“ des Bundesumweltamtes übernimmt: die Mitarbeiter, die aufgrund von schwierigen familären Bedingungen nicht aus Berlin wegziehen können.

Nach dem neuesten Agreement sollen jetzt von den 1.200 Mitarbeitern des Umweltbundesamtes zwanzig zum Umweltministerium wechseln. Der Personalrat des Bundesumweltamtes, der das Vorgehen des Umweltministeriums in einer Presseerklärung zuvor als „skandalös“ bezeichnet hatte, zeigte sich noch immer skeptisch: Ulrike Frank erläuterte, daß das Umweltbundesamt die Mitarbeiter weiter bezahlen müsse, ohne dafür vom Umweltministerium einen Ausgleich zu bekommen. „Das bedeutet für uns eine erhebliche Mehrbelastung“, sagte sie.

Das Umweltministerium hingegen gibt sich versöhnlich im Ton und sieht in dem Fall „keinen Streit, sondern nur Mißverständnisse“. Man werde vorwiegend Härtefälle berücksichtigen. Rainer Hinrichs-Rahlwes, Leiter der Zentralabteilung im Umweltministerium: „Wir werden über alles reden und verhandeln und keinen Raubzug unternehmen.“

Annette Rollmann

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