: Knatsch an Jerusalems Tempelberg
■ Eine Türöffnung sorgt für politischen und religiösen Sprengstoff. Israel setzt massive Polizeikräfte ein, um Unruhen zu unterbinden
Berlin (taz) – Die israelische Polizei hat gestern eine Türöffnung auf dem Tempelberg wieder geschlossen und damit einen neuen Streit mit den Palästinensern ausgelöst. Der Waqf, die islamische Verwaltung des Juden und Muslimen heiligen Bezirks, hatte eine seit Jahrhunderten geschlossene fenstergroße Öffnung unweit der al-Aqsa-Moschee zu einer Tür ausbauen und mit Gittern versehen lassen. Die neue Öffnung diente nach Angaben des Waqf nur der Belüftung. Israelische Ärchäologen befürchten, dass sich hinter der Öffnung ein Tunnel befindet, der direkt zu den Resten des Zweiten Tempels der Juden führt. Der Tunnel sei seit der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 nicht mehr betreten, der Eingang im 11. Jahrhundert zugemauert worden. Nach der Legende hat der Prophet Muhammad durch dieses Tor den Tempelberg betreten.
Schon unter der Regierung Netanjahu hatten die Renovierungsarbeiten, die der Waqf auf dem Tempelberg mit israelischer Erlaubnis durchführt, für Spannungen gesorgt. Insbesondere Ausbesserungsarbeiten am Fundament der al-Aqsa-Moschee hatten Angst vor einer Zerstörung jüdischer Spuren in dem heiligen Bezirk ausgelöst. Sowohl Juden wie Muslime wachen mit Argusaugen darüber, dass einseitige Veränderungen am Tempelberg unterbleiben. Die touristische Öffnung des Hasmonäer-Tunnels im September 1996 hatte ein Blutbad ausgelöst. 60 Palästinenser und 15 israelische Soldaten kamen ums Leben. Befürchtungen um eine neue derartige Auseinandersetzung veranlassten Ministerpräsident Barak jetzt, mit massiver Polizeipräsenz jeden Protest im Keim zu ersticken. Georg Baltissen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen