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CSU-Minister in der Schusslinie

■  Der Prüfbericht zur bayerischen Immobilienaffäre belege „haarsträubende Fehlentscheidungen“, meint die SPD und fordert Justizminister Sauter zum Rücktritt auf

München (AP/dpa) – In der bayerischen Immobilienaffäre steht nun Bayerns Justizminister Alfred Sauter vollends in der Schusslinie. Nach Vorlage eines Rechnungshofsberichts zu den Millionenverlusten hat die SPD Sauter zum Rücktritt aufgefordert. Der SPD-Fraktionsvize Franz Maget sagte am Samstag in München: „Wer ein solches Dokument bekommt, muss anständigerweise seinen Hut nehmen.“

Der bislang unveröffentlichte Bericht des Bayerischen Obersten Rechnungshofes belege haarsträubende Fehlentscheidungen von Sauter und Ministerpräsident Stoiber. Er zeige auch die „tiefe Verstrickung und volle Verantwortung der Regierung“. Alfred Sauter war von 1993 bis August 1998 Aufsichtsratsvorsitzender der Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft Bayern (LWS), die bei Immobiliengeschäften in Bayern und den neuen Bundesländern 376 Millionen Mark Verluste gemacht hatte.

Der Bericht vom Februar dieses Jahres beweise, dass Sauter fast an jedem Projekt, das schief gelaufen sei, beteiligt gewesen sei oder davon gewusst habe, sagte Maget. Entgegen einem Kabinettsbeschluss habe sich Sauter 1994 persönlich dafür eingesetzt, das riskante Bauträgergeschäft in den neuen Bundesländern fortzuführen. „Für uns stellt sich die Frage, ob die Ministerien überhaupt befugt waren, die Vorgaben des Ministerrats zu interpretieren bzw. abzuschwächen“, heißt es in dem ORH-Bericht. Richtig unangenehm ist das für Ministerpräsident Edmund Stoiber nicht. Er ist aus der Schusslinie.

Außerdem gehe nach Magets Worten aus den Papieren eindeutig hervor, dass die entscheidende Weichenstellung 1990/91 stattgefunden habe. In dieser Zeit sei auf Betreiben des damaligen Innenministers Stoiber das Bauträgergeschäft in Ostdeutschland ausgeweitet worden. Ein weiterer Grund für den Niedergang der LWS sei die Personalpolitik gewesen. Beamte ohne Fachkenntnisse seien zu Geschäftsführern berufen worden. „Die LWS zum Elefantenfriedhof für höhere Staatsbeamte zu machen ist skandalös“, sagt Maget.

Die Informationspolitik der Landesregierung bezeichnete Maget als „vollkommen inakzeptabel“. Der Rechnungshof habe die Regierung im Februar um Stellungnahme gebeten. Sie sei entweder nicht abgegeben oder der Öffentlichkeit vorenthalten worden.

Der Bayerischen Staatsregierung zufolge handelt es sich bei dem Bericht nur um einen „internen Zwischenschritt“. Sprecher Ulrich Wilhelm betonte, der Rechnungshof habe die Prüfmitteilungen „nach erster Sicht der Dinge“ verfasst. Doch nur der endgültige Bericht, in den die Stellungnahme der Regierung mit einfließen werde, werde auch veröffentlicht.

Das Justizministerium wies die Rücktrittsforderung zurück. Ein Sprecher betonte, Sauter habe sich in der LWS-Affäre nichts vorzuwerfen. Sobald der endgültige Bericht des Rechnungshofes und die weiteren Untersuchungsergebnisse vorlägen, werde sich der CSU-Politiker dem Parlament stellen.

ORH-Präsident Alfons Metzger griff die SPD-Fraktion unterdessen ebenfalls scharf an. Der ORH sei „befremdet“ über das Vorgehen der Fraktion. Zunächst müssten die betroffenen Stellen Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Diese rechtsstaatlichen Grundsätze habe die SPD-Fraktion ohne Not ebenso missachtet wie möglicherweise schutzwürdigen Interessen Dritter, die in diesem verwaltungsinternen Papier genannt sind“, erklärte Metzger.

Gegen das Kabinett habe sich Sauter persönlich dafür eingesetzt, das riskante Geschäft fortzuführen

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