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Der Chef pflügt schräg im Ring

■ Endlich: Des Kanzlers erster Arbeitstag nach der Sommerfrische. Wir haben viel gelernt über Machtworte, Furchen und andere Gleichnisse

Irgendwo zwischen Saarbrücken und Berlin verläuft die gerade Furche unseres Machtwort-Bundeskanzlers

Eine neue Neigung enthüllte Kanzler Gerhard Schröder in der italienischen Sommerfrische: die zur Metapher. In Gleichnissen ließ er seinen Regierungssprecher („Der Chef ist im Ring“) und Bild am Sonntag („Wir müssen eine gerade Furche pflügen“) seine Rückkehr nach Deutschland und in die Amtsgeschäfte ankündigen. „Machtwort“ war das Wort des Spätsommers – und gestern sollte es gesprochen werden. Nicht wenig, was sich Schröder da für den ersten Arbeitstag vorgenommen hatte. Was machte Schröder wirklich am Machtwort-Tag?

11 Uhr: Gerhard Schröder leitet eine Sitzung des SPD-Präsidiums in Saarbrücken. Alle stimmberechtigten Mitglieder sind für das „Sparpaket“. Reinhard Klimmt, der saarländische Ministerpräsident darf nicht mit abstimmen und ist auch immer noch nicht dafür, sagt anschließend aber trotzdem unzählige Male, er sei der Bundesregierung schrecklich„dankbar“. „Familiäre Differenzen“ und „freundschaftliche Zusammenarbeit“ nennt Schröder den Streit: „Es war kein Machtwort nötig.“

14 Uhr 45: Mittagessen mit dem Präsidium in der Glasgebläsehalle des Weltkulturerbes Völklinger Hütte.

15 Uhr 45: Schröder in Berlin. Bevor der Kanzler seine Amtsgeschäfte aufnimmt, begrüßt ihn Eberhard Diepgen in Berlin. Der Regierende Bürgermeister freut sich, dass Berlin nun endlich eine richtige Hauptstadt ist.

18 Uhr: Schröder trifft auf der Glienicker Brücker über der Havel Manfred Stolpe. Der Ministerpräsident von Brandenburg freut sich, dass sein Land nun endlich richtiges Hauptstadtumland ist.

19 Uhr 30: In Erich Honeckers Arbeitszimmer im Staatsratsgebäude der DDR trifft sich die Koalitionsrunde. Dort ist das neue Bundeskanzleramt. Die Runde ist allerdings die alte geblieben. Nicht einmal Jürgen Trittin sieht deprimierter aus als sonst.

Das war es schon. Nicht enttäuscht sein. Gerhard Schröder hat sein Machtwort bestimmt hinter den Kulissen gesprochen. Der Chef steigt schon noch in den Ring. Vielleicht wärmt er sich auf. Irgendwo zwischen Saarbrücken und Berlin läuft auf jeden Fall eine gerade Furche. Oder weiß Gerhard Schröder etwa, dass wir uns unsere starken Männer zwar gern autoritär wünschen, man mit Machtworten heutzutage aber nicht einmal eine Fußballmannschaft führen kann? Dass man Parteifreunde und -feinde nicht ungestraft runterputzen kann, sondern sie einbinden muss, etwa in eine Programmdiskussion bis 2001?

Schade eigentlich, wir hatten die bunten Bilder aus den Kanzlerferien schon liebgewonnen. „Positano-Prosa“ war gestern, jetzt ist auch für Schröder vorerst wieder „Kommunikationsdisziplin“ angesagt. Eine Metapher allerdings, die der Kanzler am Rande seines ersten Arbeitstages sprach, hält auch im Regierungsalltag stand. Schröder zitierte seinen Amtsvorgänger mit dem berühmtesten Satz eines Bundeskanzlers: „Wichtig ist, was hinten rauskommt.“

Robin Alexander

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