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■ Nur schärfster internationaler Druck kann Osttimor noch rettenMit offenen Augen in die Katastrophe

Als die Vereinten Nationen im Frühjahr dieses Jahres begannen, das Referendum über die Zukunft Osttimors vorzubereiten, wussten sie, wie riskant diese Aufgabe werden würde. Denn auch damals bestand die indonesische Regierung darauf, dass nur ihre eigenen Polizisten für die Sicherheit der Abstimmung sorgen würden – obwohl diese bei der Bevölkerung längst diskreditiert waren.

Von einer UNO-Friedenstruppe war dagegen nie die Rede. Im Weltsicherheitsrat, der alle Blauhelm-Einsätze beschließen muss, will es sich niemand mit Jakarta verderben – nur wegen einer unbedeutenden Region von der Größe Sachsens, mitten im indonesischen Archipel. Selbst wenn Indonesiens Politiker und Militärs nun plötzlich davon sprechen, „möglicherweise“ UNO-Truppen zu akzeptieren, bleiben die Chancen dafür minimal: Weltsicherheitsrats-Mitglieder wie zum Beispiel die Volksrepublik China würden kaum zustimmen. Zu groß ist die Angst Pekings, UNO-Truppen könnten irgendwann auch nach Tibet oder Taiwan gerufen werden.

Was bleibt, um die Gewalt zu stoppen? Kaum jemand zweifelt daran, dass General Wiranto dem bösen Spuk ein Ende bereiten könnte, wenn er es nur wollte: Es waren schließlich Teile seiner Armee, die sich die Milizen heranzogen, sie trainierten und bewaffneten. Das ist dokumentiert. Auch was die Armee mit dieser schmutzigen Methode bezweckte, ist offensichtlich: Die internationale und die indonesische Öffentlichkeit soll glauben, dass es sich bei den Unruhen in Osttimor um einen Kampf zwischen zwei Fraktionen der Bevölkerung handelt, zwischen Gegnern und Anhängern Indonesiens.

Da kann wenig verwundern, wenn die Armeesprecher nun weiter unablässig vor Unruhen warnen. Und ihre Milizenführer bereits vor einem „Bürgerkrieg“ zwischen den beiden Seiten. Es handelt sich um einen alten Trick aus der Mottenkiste der Aufstandsbekämpfung. Und falls, wie erwartet, der Verlust Osttimors nicht mehr verhindert werden kann, könnte ein solcher „Bürgerkrieg“ in Osttimor immer noch dazu dienen, die anderen rebellischen Provinzen wie Aceh und Irian Jaya zu warnen: Wer Unabhängigkeit fordert, erntet Chaos, Gewalt und Tod.

Nun ist schärfster internationaler Druck auf das indonesische Militär nötig. Japan und Washington haben – indirekt – angedeutet, von der Regierung Habibie dringend benötigte Kredite einzufrieren. Von der deutschen Regierung ist nur betäubendes Schweigen zu vernehmen. Jutta Lietsch

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