: swb-Strom ist auch „yellow“
■ Die neuen „Freizeit“-Tarife der swb-Stadtwerke ab November sind günstiger als der „Yello“-AKW-Strom, wenn man denWochenend-Tarif konsequent nutzt
Die Bremer Stadtwerke, im neuen Design „swb-Enordia“, waren in den letzten Wochen bohrenden Fragen ihrer Kundschaft ausgesetzt. Bayernstrom, blauer Strom, Yello – alle versprechen, es billiger zu machen und locken die Kunden, die erstmals die freie Wahl haben, von welcher Stromgesellschaft sie ihren Strom kaufen wollen.
Der „Service“ bleibt dabei bei den Stadtwerken, die neuen Stromgesellschaften wollen nicht eigene Leute zum Zähler-Ablesen schicken und auch nicht eigene Leitungen verlegen, sondern entsprechende Verträge mit den lokalen Stadtwerken abschließen. Die „Neuen“ übernehmen auch die Ummeldung für die Stromkunden, alles soll praktisch und preiswert für die Wechsler sein.
Denn statt 31,2 Pfennig soll der Strom ab dem 1.11. bei der „blauen“ RWE nur 24 Pfennig kosten, bei den gelben „Yello“-Anbietern aus Baden-Württemberg nur 19 Pfennig. Wie die alte Tante Telekom den Ansturm der neuen Telefon-Konkurrenten erlebte – unter anderem auch in Bremen von der Stadtwerke-Tochter „NordCom“, so sind nun die Stadtwerke das „Opfer“ der Liberalisierung auf dem Strommarkt und erleben den Ansturm der Konkurrenz.
Das „Bayernwerk“ bietet den Strom für 4,95 Mark Grundgebühren an und 28,5 Pfennig pro Kilowattstunde, für eine Otto-Normal-Familie bietet Bayernwerk den „Power Family“-Tarif an mit 17,95 Mark Grundgebühr und 23 Pfennig pro Kilowattstunde.
Der „blaue“ Strom der RWE kostet dagegen 11,57 Mark im Grundpreis und 23,99 Pfennig pro Kilowattstunde, absoluter Preisbrecher ist nach wie vor der gelbe „Yello“-Strom mit 19 Mark und 19 Pfennig.
Wer also ist der Preiswerteste? Die Stadtwerke haben gegenüber ihren Kunden bisher damit argumentiert, dass sie ja sehr gute Energiespar-Beratung und finanzielle Anreize anbieten, wenn sich jemand eine Solar-Anlage aufs Dach setzen läßt (2000,-) oder einen energiesparsamen Eisschrank kauft (100,-). Das klang nach einer Ausrede, warum der Strom eben etwas teurer ist.
Ein Beispiel: Eine Otto-Normal-4-Personen-Familie verbraucht etwa 4.700 Kilowattstunden im Jahr. Nach dem derzeit geltenden Stadtwerke-Tarif wären das 1.600 Mark, der „blaue“ RWE-Strom käme auf 1.267 Mark für dieselbe Leistung und nach dem „Yello“-Tarif (19/19) wären am Ende des Jahres nur 1.121 Mark zu berappen.
Mit den neuen Preisen, die ab dem 1.11. gelten sollen, haben die Stadtwerke nun auch direkt im Preiskampf reagiert. Dieselbe Leistung würde nach dem neuen Stadtwerke-Tarif, der ab dem 1.10. für alle Kunden gilt, 1.335 Mark kosten, das sind 250 Mark weniger als bisher, aber gleichzeitig 200 Mark mehr als „Yello“. Während vor wenigen Tagen noch die Kundenberater nicht mehr als diese Preissenkung von etwa zehn Prozent versprechen konnten, steht nun im Tarif-Beschluß der Stadtwerke ein zweites Angebot: Zum 1. November wechseln die Stadtwerke kostenfrei den Zähler aus und bauen einen Doppelstrom-Zähler ein, wenn der Kunde den „Freizeit“-Tarif wählt. Wie derzeit schon beim „Nachtstrom“ unterscheidet sich der Strompreis nach der Nutzer-Zeit: Tagsüber soll er 28 Pfennig kosten, nachts ab 22 Uhr 17 Pfennig. Und der Strom soll an den Wochenenden nur 17 Pfennig kosten. Nachts fällt im Normalfall 15 bis 20 Prozent des Stromverbrauchs an, an den Wochenden hängt das natürlich von den Lebensumständen ab: Die Einen sind am Wochenden meist auf der Parzelle und verbrauchen wenig, die Anderen sind in der Woche bei der Arbeit und lassen die Waschmaschine vor allem Samstags laufen. Im rechnerischen Durchschnitt machen zwei Tage 28 Prozent des Tagstrom-Verbrauches aus. Unter dem Strich wären das etwa 40 Prozent des Stromverbrauches. Zahlt unsere Otto-Normal-Familie aber für 40 Prozent ihrer 4.700 Kilowattstunden nur 17 Pfennig und 120 Mark Grundgebühr im Jahr, so kommt sie auf eine Stromrechnung von insgesamt 1.229 Mark. Die 108 Mark, die diese Jahresstromrechnung über dem Preis des „Yello“-Stromes liegt, lassen sich durch konsequentere Ausnutzung des Wochend-Tarifes deutlich verringern. Diesen „Rest“ kann die Energiespar-Beratung der Stadtwerke auch erledigen.
K.W.
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