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Die Konsumenten im Visier

An der TU Berlin werden die Voraussetzungen für nachhaltiges Einkaufen erforscht: Nicht nur auf die Kunden, auf das Umfeld kommt es an  ■   Von Martin Kaluza

Wenn es um umweltbewusstes Verhalten geht, wird schnell der Ruf nach der eigenen Nase laut, an die sich der Kosument zu fassen habe. Der Einzelne entscheidet, was in seinen Kühlschrank kommt, ob und wie oft er Auto fährt, und er selbst ist es, der die Industrie durch penetrant ökomäßiges Nachfragen dazu zwingen soll, mit unserem gebeutelten Planeten weniger Schindluder zu treiben. Dabei gibt es natürlich Mittel, es dem Konsumenten leichter zu machen.

Gleich zwei Forschungsprojekte befassen sich am Zentrum Technik und Gesellschaft (ZTG) der TU seit Ende letzten Jahres mit der Frage, wie nachhaltiges Konsumverhalten beeinflusst und gefördert werden kann. Beide Projekte sind auf drei Jahre angelegt und gehören zu einem Forschungsprogramm für nachhaltiges Wirtschaften, in dessen Rahmen das Bundesforschungsministerium bundesweit 18 Forschungsarbeiten mit insgesamt 25 Millionen Mark fördert.

In einem Projekt vergleichen die Wissenschaftler zusammen mit Kollegen von der HU, wie Naturkost und der Gedanke der Nachhaltigkeit auf dem ökologischen Wochenmarkt, im Naturkost-Supermarkt, in der Einkaufsgemeinschaft LPG und im Shop im Shop bei Karstadt an den Mann und an die Frau gebracht werden. Die Käufer werden direkt vor Ort angesprochen, um sicher zu gehen, dass nicht bloß Absichtserklärungen gemessen werden.

Martina Schäfer vom ZTG kennt die Erfahrungen vergangener Studien zu dem Thema: „Nach dem, was die Leute sagen, müsste der Markt für Naturkost fünfmal so groß sein.“ Sozialwissenschaftler, Ingenieure und Marketingexperten arbeiten daran, dem Shoppingerlebnis der verschiedenen Ladentypen auf die Spur zu kommen. Schäfer betont: „Es ist wichtig, das Konsumverhalten nicht nur auf der ökonomischen und ökologischen Ebene zu betrachten. Wir wollen auch an die emotionalen Aspekte heran.“

Während die einen beim Öko-Einkauf Wert darauf legen, vom Verkäufer mit Handschlag begrüßt zu werden, haben andere Hemmungen, einen Naturkostladen überhaupt zu betreten. Schäfer: „Einige Leute fühlen sich im Bioladen beobachtet und wollen lieber anonym einkaufen. Deshalb untersuchen wir auch einen Naturkost-Supermarkt.“ Am Ende der Untersuchung sollen klare Vorschläge stehen, wie die verschiedenen Geschäftstypen Angebot und Dienstleistungen so verbessern können, dass die Kunden nachhaltiger zugreifen. Darüberhinaus hoffen die Forscher zu klären, ob die Kunden darauf aufmerksam werden, dass Naturkost nicht nur gesund ist sondern auch die regionale Wirtschaft fördert. Noch sucht das Projekt übrigens Kunden, die bereit sind, sich zu ihren Einkaufs- und Ernährungsgewohnheiten befragen zu lassen.

Im anderen Projekt untersuchen Sozial- und Umweltpsychologen, Städtebauer und Volkswirtschaftler, wie gute Beziehungen unter Nachbarn nachhaltiges Konsumverhalten im weiteren Sinne fördern können. Das klingt abstrakt, gemeint sind jedoch Dinge, die viele schon aus dem Alltag kennen. Verstehen sich die Nachbarn gut, bilden sie eher Fahrgemeinschaften als im anonymen Nebeneinander. Die Mieter teilen sich vielleicht eine Waschküche, tauschen Werkzeuge und Geräte untereinander aus oder bestellen zusammen eine Gemüseabokiste. Und schließlich entstehen auch Verhaltensregeln und Nachahmungseffekte, zum Beipiel wenn die Bewohner eines Hauses sich entschließen, Wasser zu sparen, oder andere dazu auffordern, den Müll zu trennen. In ausführlichen Interviews fühlen die Forscher zunächst den Mietern auf den Zahn, um noch mehr solcher Beispiele aufzuspüren. Andererseits soll geklärt werden, ob und wie ein Architekt oder Bauherr die Bildung von Wohngruppen überhaupt planen kann, etwa indem er Gemeinschaftsräume oder begrünte Höfe mit Sitzgelegenheiten vorsieht. Eine Mitarbeiterin erklärt: „Natürlich bilden sich auch unabhängig von solchen Planungen Gruppen, wie früher bei den Hausbesetzern. Wir untersuchen, wo gezielt gebaut wurde, damit es zur Gruppenbildung kommt und, ob das geklappt hat.“ Dazu vergleichen die Wissenschaftler die Nachbarschaftsverhältnisse in Blockstrukturen, Altbauten, Gartenstädten und in solchen Siedlungen, die schon unter ökologischen oder sozialen Gesichtspunkten geplant waren. Dazu zählen Niedrigenergiehäuser, Holzhäuser und eine Wohnanlage für Menschen ab fünfzig.

Naturkostkäufern, die zu einem Interview bereit sind, können sich beim Zentrum Technik und Gesellschaft melden: Telefon (0 30) 3 14-2 68 54 melden.

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