■ Den „Pionieren der Eroberung“ geht's ans Leder: Ein Test für die Stimmung in Israel
Israels Premier Ehud Barak will den Siedlungs-„Wildwuchs“ eindämmen. Das ist keine politische Großtat – aber ein Schritt von hoher Symbolik. Denn das 1967 eroberte Westjordanland ist das Stammland der Groß-Israel-Protagonisten. „Schnappt euch die Hügel“, hatte Likud-Hardliner Ariel Sharon den Siedlern nach der Wahl im Mai zugerufen. Und die ließen sich nicht lange bitten – im festen Bewusstsein, dass mehr Siedlungen auch mehr Hindernisse für einen Ausgleich mit den Palästinensern bedeuten.
Diese Logik will Barak umkehren. Das ist sein Verdienst und sein Wagnis. Das Vergießen jüdischen Blutes zu vermeiden und Frieden mit den Palästinensern zu suchen dient als pragmatische und anerkannte Rechtfertigung für den Ideologiebruch: den israelischen Teilrückzug und das Schleifen von Siedlungen. Fünfzehn der 42 wilden Siedlungen, die seit dem Wahlsieg der Linken in Israel errichtet wurden, will Barak räumen lassen. Das ist nicht viel – aber es ist ein Test für die Stimmung in Israel und in der eigenen Koalition. Bleibt der Widerspruch auf ein paar Siedlergruppen und Parteien beschränkt, dann ist die Räumung weiterer Siedlungen verhandelbar.
In Barak haben die Palästinenser einen knallharten, aber verlässlichen Verhandlungspartner. Zwischen 73 und 87 war er an Attentaten gegen höchste PLO-Führer beteiligt. Wäre er Palästinenser, er würde in den Reihen der Hamas kämpfen, hatte Barak vor Jahresfrist etwas undiplomatisch verlauten lassen. Das sollte der Premier nicht vergessen, wenn er um die Freilassung palästinensischer Gefangener oder die Abkehr von der völkerrechtswidrigen Siedlungspolitik feilscht. Einen symbolischen Anfang hat er immerhin gemacht. Georg Baltissen
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