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Das Kampfgewicht steigt

Die Fusion der Luftfahrtkonzerne Dasa und Aerospatiale verbessert die weltweiten Absatzchancen für europäische Kriegsflugzeuge und Bomben  ■   Von Hannes Koch

Berlin (taz) – Wenn die Luft- und Raumfahrtkonzerne Dasa (Deutschland) und Aerospatiale (Frankreich) zusammengehen, verbessern sich die Bedingungen für den Export europäischer Militärtechnik. Das befürchtet Paul Russmann von der Initiative „Ohne Rüstung leben“, die den DaimlerChrysler-Konzern und seine Tochter Dasa seit Jahren beobachtet. Die Fusion verschaffe „Rückenwind für die Rüstungsproduktion“, so Russmann.

Auch laut Ulrich Albrecht, Konfliktforscher an der Freien Universität Berlin, steigen die Absatzchancen – gerade für Militärtechnik aus deutschen Werkhallen. Im Gegensatz zur Dasa verfüge Aerospatiale-Matra über eine „globale Verkaufsinfrastruktur“. Diese Beziehungen werde das neue Unternehmen nutzen. Nachdem die französischen Kolonialherren aus Afrika abgezogen waren, blieben ihre guten Kontakte zu den dortigen Militärs bestehen. Auch im Nahen Osten und Südostasien kaufen die Luftwaffen Raketen, Bomben und Flugzeuge von französischen Ingenieuren.

Als Konsequenz fordert „Ohne Rüstung leben“ nun die Abgeordneten des Europaparlamentes auf, sich für scharfe Exportrichtlinien einzusetzen. Die französischen Gesetze seien lockerer als die deutschen. Deshalb müsse das Parlament versuchen, dem bevorstehenden Exportboom Einhalt zu gebieten.

Die Dasa stellt in Kooperationen das Kampfflugzeug Tornado her und wird in Zukunft den Eurofighter liefern. Dazu kommen Ersatzteile, Bewaffnung und elektronische Leitsysteme aller Art. In dem Joint-Venture Eurocopter mit Aerospatiale produzieren die Deutschen Kriegs- und Transporthubschrauber. Das französische Unternehmen ist am Rüstungshersteller Dassault beteiligt, der unter anderem den Kampfjet Mirage 2000 und den Eurofighter-Konkurrenten Rafale anbietet.

Die Fusion der Rüstungsgiganten richtet sich vor allem gegen die beherrschende Stellung der US-Konzerne Boeing und Lockheed-Martin. Fliegendes Kriegsgerät für rund 50 Milliarden US-Dollar wird jährlich auf der Welt verkauft. Davon bestreiten Lookheed rund 15 und Boeing etwa 12 Milliarden. Zum Vergleich: Aerospatiale lieferte bislang für ungefähr 7 Milliarden Dollar und die Dasa für 3,5 Milliarden. Durch die Fusion erreicht das deutsch-fanzösische Flugzeug-Konglomerat also die Größenordnung der US-Konkurrenz. Das „Kampfgewicht“ steigt, sagte ein Dasa-Manager unlängst. Gemeinsames Produzieren spart Geld: Langfristig wird man die Verwaltung zusammenlegen und nur noch ein neues Kampfflugzeug entwickeln, anstatt an zwei Fliegern zu arbeiten. Sinkende Kosten aber führen zu günstigeren Preisen und steigern die Verkaufsaussichten.

Dasa und Aerospatiale wollen auch die US-Produkte aus Europa heraushalten. Vor einiger Zeit war es Lockheed gelungen, die modernisierte Variante des Transportflugzeugs Herkules nach Großbritannien zu verkaufen – schlecht für die Dasa, die mit ihren Partnern selbst einen militärischen Großtransporter entwickelt.

Nach der Fusion gibt es in Europa noch zwei entscheidende Luft- und Raumfahrtfirmen: Dasa-Aerospatiale und British Aerospace. Diese Konkurrenz dürfte einstweilen erhalten bleiben – nach Ansicht von Experten aber kaum zu Verdruss im zivilen Bereich führen. Die deutsch-französische Gruppe hält fortan den größten Teil am Airbus-Konsortium, die Briten besitzen 20 Prozent.

Nach Einschätzung von Insidern wird die Fusion aber keine kartellrechtlichen Probleme aufwerfen. Das Bundeskartellamt hat nichts zu sagen, weil es nur noch um den internationalen Markt geht. Die Europäische Kommission wird das Projekt prüfen, aber nicht angreifen: Es gibt ja noch zwei Firmen – und damit auch Konkurrenz. Und die US-Kartellbehörde wird vermutlich ein Auge zudrücken, denn das hatten die Europäer schließlich auch getan, als Boeing und McDonnell-Douglas zusammengingen.

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