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Die Berlinale ist eine Baustelle

■  Filmfestspiele starten im Februar 2000 auf einer Baustelle, weil im Sony-Center noch gewerkelt wird. Stars und Sternchen müssen hinter Sicherheitszäunen ins Kino. Piazza und Filmhaus bleiben fürs Publikum gesperrt. Sony: „Kinobetrieb wird durch Bauarbeiten nicht gestört“

Der Kinohit „Das Leben ist eine Baustelle“ läuft für die Besucher der Berlinale im Februar 2000 „live“. Weil das Sony-Center am Potsdamer Platz nicht rechtzeitig zur Eröffnung der Filmfestspiele am 9. Februar kommenden Jahres fertiggestellt ist, müssen die Stars und Sternchen zwischen Absperrgittern und Baustellen ins Kino. Die Gastronomien an der Piazza bleiben geschlossen, ebenso die Kinos im neuen Filmhaus. Nur die acht Säle des Sony-Filmcenters werden für die Berlinale geöffnet.

Verantwortlich für den Flop sind Verzögerungen bei dem Mega-Bauprojekt am Potsdamer Platz, sagte Jürgen Bruns-Berentelg, Geschäftsführer von Tishman Speyer Properties Deutschland, die das Sony-Areal vermarkten. Die Eröffnung des Sony-Centers könne erst im Sommer 2000 stattfinden, sagte Bruns-Berentelg. „Während der Filmfestpiele wird das Sony-Gelände noch Baustelle sein.“ Die große Piazza unter dem Zeltdach müsse zum Teil abgesperrt werden und sei „nicht vollständig öffentlich nutzbar“. Besucher der Berlinale gelangten aber ungehindert zu den Kinos.

Das Land Berlin hatte 1997 entschieden, die Berlinale ab 2000 am Potsdamer Platz zu veranstalten. Die Uraufführungen laufen im Musical-Theater und dem Multiplex auf dem debis-Gelände sowie in den Sony-Kinos mit 2.300 Plätzen an. Wer sich heute auf dem Areal umschaut, sieht zwar einen weitgehend realisierten Komplex. Fertiggestellt indessen sind aber nur die Sony-Zentrale am Kemperplatz. Im gläseren Hochhaus ist nur eine Etage ausgebaut. Das Filmhaus befindet sich im Ausbau und am großen Zeltdach über der Piazza wird die Schutzkonstruktion montiert.

Karin Püttmann, Sprecherin von Sony Berlin, bestätigte die Aussagen von Bruns-Berentelg. Die Eröffnung des Sony-Centers sei einmal für Ende 1999 anvisiert worden. Jetzt sei das Grand-Opening im Sommer 2000 geplant. Die Sprecherin bedauerte, dass der Einzelhandelsbereich mit Geschäften oder Restaurants geschlossen bleibe. „Begehbar“ wäre dagegen der „Entertainement-Bereich“. Püttmann zur taz: „Der Kinobetrieb wird von den Baumaßnahmen nicht berührt.“ Alle acht Kinosäle im Filmcenter könnten genutzt werden. Nicht nutzbar seien jedoch die beiden Säle im neuen Filmhaus mit 250 und 80 Plätzen.

An einen Horrorfilm mit Berlinale-Besuchern zwischen Sicherheitszäunen und Baustaub, Maschinenlärm und Presslufthämmern glaubt man bei den Filmfestspielen bislang nicht. Natürlich dürfe „die Sicherheit der Besucher nicht gefährdet werden“, sagte Berlinale-Sprecher Oliver Bernau. „Aber es wird garantiert nicht so sein, dass wir dort mit Bauhelm rumlaufen müssen.“ Dennoch, so der Sprecher, hoffe man auf eine Lösung, dass man sich auf dem Sony-Gelände weitgehend ungehindert bewegen könne.

Laut Bernau ist die Festspielleitung derzeit dabei, den Spielplan für die Filme zu erstellen. Weil das Sony-Gelände „noch im Umbruch“ sei, wolle man da „noch abwarten“. Bernau geht aber davon aus, dass das „Sony-Gelände bespielt werden kann“.

Klar ist, dass die Berlinale zwischen dem 9. und 20. Februar den Potsdamer Platz beherrschen wird. Als „Premierenpalast“, sagte Bernau, werde das Musical-Theater am Marlene-Dietrich-Platz genutzt. Außerdem soll ein Großteil der Filme auch in den Kinos der debis-City aufgeführt werden. Im Multiplex stehen für die neuen nationalen und internationalen Streifen 19 Säle zur Verfügung. „Außerdem werden wir uns nicht ganz aus der City-West verabschieden“, betonte der Sprecher. Beiträge würden auch weiterhin beispielsweise im Delphi an der Kantstraße laufen.

Die Festpielleitung selbst ist bereits an den Potsdamer Platz umgezogen. Wenn Bernau aus dem Fenster blickt, schaut er geradewegs hinüber zu Sony und sieht „live“ die filmreife Kulisse.

Rolf Lautenschläger

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