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Die große Runde der Umweltfreunde

■ Deutschland und USA wollen beim WTO-Treffen in Seattle über Umwelt verhandeln. Kritiker glauben nicht an ernsthafte Absichten

Berlin (taz) – Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) hat angekündigt, auf der am 30. November in Seattle beginnenden WTO-Runde das Thema Umwelt verstärkt einzubringen. In den USA unterzeichnete Präsident Bill Clinton am Dienstag eine Anordnung, nach der alle neuen Handelsabkommen sich einer Umweltprüfung unterziehen müssen. Damit wollen die USA laut Financial Times ihre Absicht unterstreichen, Umweltfragen in die WTO-Runde mit aufzunehmen.

Müller hatte in einem Interview des Greenpeace-Magazin gesagt, man wolle im WTO-Ausschuss „Handel und Umwelt“ (CTE) eine aktive Rolle übernehmen, dabei aber auch die „berechtigten Interessen der Entwicklungsländer“ berücksichtigen. Diese sind bislang strikt gegen die Aufnahme des Umweltthemas in die Verhandlungen, da sie dahinter eine Maßnahme der Industrieländer vermuten, mit der diese ihre eigenen Märkte schützen wollen.

Deutschland wird im CTE von Vertretern des Wirtschaftsministeriums repräsentiert. Das CTE kann der WTO Vorschläge für Regeln machen, die dann auf den Ministerratsrunden verabschiedet werden. Kritisch wird es, wenn auf der Basis dieser Regeln vor dem Streitschlichtungspanel zwischen Handel und Umweltschutz entschieden werden muss. Dort sitzen keine Regierungsvertreter.

In den vergangenen Jahren entschied das Panel mehrfach zugunsten des Handels, wie in dem Streit um den Handel mit Garnelen und der damit einhergehenden Bedrohung der Meereschildkröten, die unter das Washingtoner Artenschutzabkommen fallen. Laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace verenden jährlich bis zu 150.000 dieser Tiere in Garnelennetzen. Ein von den USA 1996 aufgestelltes Importverbot unter Berufung auf das Abkommen musste nach einem WTO-Urteil wiederaufgehoben werden.

Besonders umstritten und bisher ungelöst ist demnach im CTE die Frage, inwieweit multilaterale Umweltabkommen überhaupt in Ausnahmefällen Vorrang vor Handelsinteressen genießen. Von diesen Abkommen gibt es insgesamt 180, wovon die meisten bei den Vereinten Nationen angesiedelt sind. Nur wenige dieser Abkommen beinhalten Handelsrestriktionen. Dazu gehört das Washingtoner Artenschutzabkommen (CITES), das den Handel mit bedrohten Tierarten verbietet.

Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace fordern, dass die WTO diese Abkommen grundsätzlich anerkennt.

Auch die EU schlägt vor, dass bei den WTO-Verhandlungen Umweltthemen angesprochen werden sollen. Mögliche Themen wären dabei etwa die Ökolabel oder die Frage, wie mit unterschiedlichen Verarbeitungs- und Produktionsmethoden umgegangen werden soll.

Nicht verhandeln will die EU den Abbau umweltschädlicher Subventionen im Agrar- und Fischereibereich. In der Fischerei fordern die USA hingegen eine Abschaffung der Subventionen, um das Leerfischen der Meere zu begrenzen. Die EU argumentieren mit der „Multifunktionalität“ der Landwirtschaft, die erhalten bleiben müsse, gegen den Abbau der Subventionen im Agrarbereich.

Nichtregierungsorganisationen befürchten, dass die EU das Thema Umwelt nicht ernsthaft einbringen will. „Die EU ist zwar vergleichsweise weit mit ihren Vorschlägen, aber um wirklich etwas zu erreichen, muss sie Flexibilität in die Verhandlungen mitbringen. Das scheint nicht der Fall zu sein“, sagt Kristina Steenbock von Greenpeace.

Müllers Vorstoß in Sachen Umwelt sei sehr vage. „Wir vermissen vor allem eine deutliche Aussage der EU, das Thema Gentechnik nicht zu verhandeln. Dazu hat die WTO keine Kompetenz.“ Die Organisationen sind gegen eine weitere Liberalisierungsrunde und befürworten eine entwicklungspolitische und ökologische Revision der WTO. Maike Rademaker

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