: Abschiebe-Badezimmer bezogen
■ Schöner wohnen? Vor einer Woche wurde der Zellentrakt für Abschiebehäftlinge im Polizeizentrum Vahr bezogen / Insassen klagen über schlechte Luft, mangelnde Hygiene und andere Zustände
Eine Woche nach dem Einzug der ersten Abschiebekandidaten in den neuen vollverkachelten Abschiebeknast in der Neuen Vahr hat die Flüchtlingshilfe-Gruppe „grenzenLOS“ eine erste kritische Bilanz gezogen. „Einstimmig fanden die Gefangenen die Räumlichkeiten in der Unterbringung Justizvollzugsanstalt Oslebshausen angenehmer“, berichtet Ghislaine Valter von „grenzenLOS“ nach einem Besuch des Polizeigewahrsams. Die Räumlichkeiten waren wegen architektonischer Mängel heftig kritisiert worden (die taz berichtete mehrfach).
Ein drängendes Problem scheint die Klimaanlage zu sein. Nur im Gemeinschaftsraum gibt es ein Fenster, das man zum Belüften öffnen kann. Die Glasbaustein-Fenster in den Zellen (siehe Foto) können nicht geöffnet werden. Beheizt werden die Zellen durch eine Fußbodenheizung, die nicht leicht zu steuern ist: Mehrere Häftlinge hätten sich über zu kalte oder zu warme Zellen beklagt.
Anscheinend wegen der mangelnden Durchlüftung und der Klimaanlage kommt es bei einzelnen Gefangenen zu Augenreizungen. Ein Gefangener wurde deshalb bereits von einem Arzt untersucht und behandelt. Die Luft in den Zellen wird von den Häftlingen als „stickig, schlecht und verbraucht“ beschrieben, in manchen Zellen würde es „nicht gut riechen“.
Da die Türen gegenüberliegender Zellen, wenn beide geöffnet sind, den schmalen Flur vollständig blockieren, wurden inzwischen automatische Türschließer angebracht. Die Folge: Noch schlechtere Durchlüftungsmöglichkeit der Zellen. Um wenigstens einen Lufthauch vom Flur abzufangen, würden Toilettenrollen zwischen Tür und Rahmen geklemmt oder die automatischen Türschließer in Eigenregie wieder abgebaut.
Als „besonders schlimm und hart“ empfänden die Gefangenen, dass es derzeit kein Kartentelefon in dem Zellentrakt gäbe. Niemand wisse genau, wann das versprochene Telefon installiert werde. Auf Bitte stellt das Personal zwar ein Behörden-Telefon außerhalb des Traktes zur Verfügung. Es hänge allerdings von den diensttuenden Beamten ab, wie offen diese Regelung gehandhabt werde.
Weiteres Problem: Die Zellen könnten nicht richtig saubergemacht werden. Für das Reinigen sind die Insassen selbst zuständig, sie hätten aber keine Reinigungsmittel zur Verfügung. Der Boden sei seit dem Umzug nicht mit Wasser aufgewischt worden, die Waschbecken würden zum Teil mit Haarshampoo geputzt.
Der spärliche Aufenthaltsraum wurde größtenteils von den Polizisten eingerichtet: Sowohl die Kaffeemaschine als auch die Fernseher im Männer- und im Frauentrakt sind eine private Spende der Beamten. Eine Waschmaschine fehle ebenso wie eine Kochgelegenheit, Geschirr oder Mülleimer.
Auch von Verbesserungen wird berichtet: So können sich die Abschiebehäftlinge zwischen 10 und 21 Uhr frei in dem gesamten Trakt bewegen. Auch der Zugang zum Hof sei „fast jederz
eit“ möglich. In der JVA Oslebshausen war dies restriktiver geregelt.
Ein Polizeisprecher hatte vor drei Tagen erklärt, bisher seien „so gut wie keine Mängel“ bekannt geworden. Das Kartentelefon werde noch diese Woche installiert. Bis dahin könne jeder das Behördentelefon benutzen, der darum bitte. Nach der Grundreinigung am Tag des Einzugs werde der Trakt nun jeden Tag gereinigt.
Christoph Dowe
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