: Simonis zwischen Schröder und Skandinavien
■ Mit Zuversicht und Kanzler startet die Nord-SPD in den Landtagswahlkampf
Für beide Sozialdemokraten steht arg viel auf dem Spiel. Sowohl Heide Simonis wie Gerhard Schröder wollen und müssen die Landtagswahl in Schleswig-Hol-stein am 27. Februar gewinnen. Der erste Urnengang des Jahrtausends steht unter den Vorzeichen einer Kohl-gebeutelten CDU (siehe Seite 2) und der Serie verheerender SPD-Niederlagen bei vier Landtagswahlen im Herbst vorigen Jahres. Ein nochmaliges Scheitern an der Förde können sich weder die Kieler Ministerpräsidentin noch der Berliner Bundeskanzler und Parteichef leisten.
Massiv wie noch nie geht Schröder deshalb seit gestern im Land zwischen den Meeren auf Stimmenfang-Tournee. Zum prestigeträchtigen Auftakt trafen er und Simonis sich gestern in Kiel mit den Ministerpräsidenten von Dänemark, Schweden und Finnland. Die sind netterweise allesamt Sozialdemokraten und sich nicht zu schade für einen Auftritt im Landtagswahlkampf. Simonis' CDU-Herausforderer Volker Rühe nahm die skandinavische Wahlhilfe verstimmt zur Kenntnis: „Die haben in einem Landtagswahlkampf nichts zu suchen“, klagte er in Hamburg auf dem Neujahrsempfang des CDU- Wirtschaftsrats.
Allerdings vergeblich, denn Poul Nyrup Rasmussen, Göran Persson und Paavo Lipponen sehen das anders: Nach dem Gespräch mit Schröder und Simonis hielten sie am Abend auch noch Ansprachen auf der SPD-Auftaktveranstaltung im neuen Fährterminal auf dem Norwegenkai.
Zuvor hatten sich alle fünf für den Bau einer festen Verbindung zwischen der Insel Fehmarn und der dänischen Insel Lolland ausgesprochen. Schröder behauptete, dies sei ein „faszinierendes Projekt“ und ein Beweis für die praktische Zusammenarbeit im Ostsee-Raum. Schwedens Ministerpräsident Persson sagte dazu, er ermutige seine Kollegen in Deutschland und Dänemark, dieses Projekt auch umzusetzen. Nach den Worten seines dänischen Amtskollegen Rasmussen sind die Große-Belt-Querung sowie die Brücke über den Öresund zwischen Kopenhagen und Malmö Beweise dafür, dass der Bau von Großprojekten auch ohne größere Beeinträchtigung der Umwelt möglich ist. Dänemarks Regierung will im Juni endgültig über den Bau der Fehmarnbelt-Querung entscheiden (siehe dazu Seite 22).
Noch weitere vier Tage lang, bis zum 13. Januar, will der Kanzler das SPD-Wählerpotenzial erschließen helfen. Diverse Firmenbesichtigungen, ein Besuch bei Nobelpreisträger und Simonis-Sympathisant Günter Grass in Lübeck und ein Treffen mit Vertretern der dänischen Minderheit stehen auf Schröders Programm. Und, erstmals in der Geschichte Schleswig-Hol-steins, am Mittwoch eine gemeinsame rot-grüne Kabinettsitzung von Landes- und Bundesregierung.
Sven-Michael Veit
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