Nachgefragt: Pflicht zur Prüfung
■ Parteienforscher Thilo Streit zur Buchungspraxis von Parteigeldern
370.000 Mark hat der CDU-Landesverband Bremen zugegebenermaßen aus Konten erhalten, die nicht der Mutterpartei gehörten. Das Geld sei ordnungsgemäß in Bremen gebucht worden, wird die CDU nicht müde zu betonen. Wie genau es in den Büchern eingeschrieben wurde, will die CDU allerdings nicht sagen. Kein Wunder: So ganz koscher kann keine der Buchungen gewesen sein: Jede „Spende“ über 20.000 Mark muss öffentlich ausgewiesen werden. Unter „sonstigen Einnahmen“ tauchen keine entsprechenden Summen auf. Bleiben noch „Zuwendungen von Gliederungen“. Doch auch das ist problematisch, wie Parteienforscher Thilo Streit erläutert. Streit ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Deutsches und Europäisches Parteienrecht an der Fernuni Hagen.
taz: Wäre eine Buchung als „Zuschuss von Gliederung“ möglich, wenn das Geld von einem Treuhandkonto kommt?
Thilo Streit: Der Eingang von Geld von Treuhandkonten, die nicht als CDU-Konten geführt werden, mutet zunächst natürlich einmal seltsam an. Wenn ich die Finanzen eines Landesverbandes in der Hand hätte, wäre die Buchung als „Zuschuss einer Gliederung“, in diesem Fall etwas, was mir nicht eingängig wäre. Andererseits kann die Benennung auch auf dem Überweisungsträger als Zweckangabe erfolgen. Trotz alledem könnte dann ja jeder x-beliebige Mensch angeben „Zuschuss an Gliederung“ und es wäre problematisch, wenn man dann nicht nachforscht: Es könnte sich dabei schließlich auch um eine verdeckte Parteispende handeln. Wenn man die nicht angibt, muss man die Konsequenzen aus dem Parteiengesetz tragen und die dreifache Summe als Strafe zahlen.
Nehmen wir an, ein Landesverband bekommt aus der Mutterpartei den mündlichen Hinweis, dass in nächster Zeit eine Geldüberweisung durchgeführt wird. Das Geld kommt an, überwiesen von einem unbekannten Konto. Muss der empfangende Landesverband dann Nachforschungen anstellen?
Unter Umständen ist die Verpflichtung zur Klärung dann eingeschränkt. Aber gleichzeitig gilt: Wer sagt mir denn, dass das Geld von der Bundespartei kommt und nicht aus einer anderen Quelle? Letztlich besteht – soweit es klar ist, dass es sich nicht um ein Partei-Konto handelt – eine Verpflichtung, genauer hinzuschauen. Spätestens wenn der Landesverband seinen Rechenschaftsbericht an die Bundes-Partei weiterleitet, muss klar werden, dass das Geld an den Landesverband nicht von der Bundespartei kam. Denn bei der Bundes-CDU hätte der Betrag als „Ausgabe“ auftauchen müssen, der bei der Landespartei als „Einnahme“ eingegangen ist. Das Fehlen eines Betrages müsste aufgefallen sein.
Wenn Gelder unbekannter Herkunft eingehen, müssen sie an den Bundestagspräsidenten weitergeleitet werden?
Soweit es sich um Spenden unbekannter Herkunft handelt, ja. Allerdings müsste dem Empfänger klar gewesen sein, dass es sich um eine Spende von außerhalb gehandelt hat. Wenn die Empfänger zu dem Schluss gelangt sind, dass es sich um einen „Zuschuss einer Gliederung“ handelt, kann man natürlich nicht von „Spende“ reden. Aber der Empfänger steht in der Pflicht zu überprüfen, wo das Geld herkommt.
Fragen: cd
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