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Mühsame Reform Richtung Europa

■ Bremens Uni-Juristen sind stinksauer: Die Hansestadt hemme die Jura-Modernisierung, beschweren sich die Rechtswissenschaftler

Die RechtswissenschaftlerInnen an der Bremer Uni und am Zentrum für Europäische Rechtsforschung (Zerp) sind sauer aufs Bremer Justiz-Ressort. Es geistert der Vorwurf von den Anti-Modernisierern. Frische Nahrung erhielt der Ärger gestern, als Justiz-Staatsrat Ulrich Mäurer sich im Rechtsausschuss der Bürgerschaft über die geplante „Hanse Law School“ uninformiert zeigte.

Wer nämlich – wie der Staatsrechtler Prof. Dian Schefhold – für den neuen Studiengang an der Uni wirbt, hält ihn für eine große Chance. Den Plänen zufolge sollen dort ab dem Wintersemester 2001/2002 rund 25 StudentInnen europäisches Recht studieren und mit einem – neuen – Masters-Degree abschließen. Möglich würde dies durch eine kostengünstige Kooperation mit den Universitäten Groningen, Oldenburg und London. Schwerpunkte sind deutsches, holländisches und britisches Recht. AbsolventInnen mit solchen Kenntnissen würden nämlich europaweit gesucht: Von Verbänden, Unternehmen – und nicht zuletzt bei der EU-Kommission.

Das Problem: Anders als in den Niederlanden kennt man in Deutschland keinen juristischen Masters-Abschluss. Dennoch sei er zeitgemäß, zumal die auf das Richteramt ausgerichtete deutsche Ausbildung modernen Ansprüchen nicht genüge, so Befürworter. Doch noch müssen die Neuerer befürchten, dass die AbsolventInnen der Hanse-Law-School, bevor sie nach mehreren Praxis-Jahren auch den geschützten deutschen Titel „Rechtsanwalt“ bekommen, weitere Prüfungen ablegen müssen. Das wollen sie verhindern. Umso wichtiger wäre ihnen die politische Unterstützung durch das Justiz-Ressort – zumal EU-Richtlinien die gegenseitige Anerkennung der Abschlüsse ohnehin vorschreiben.

Er könne keine politische Stellungnahme zu dem Vorhaben abgeben, von dem er nur aus der Zeitung erfahren habe, enttäuschte jedoch Justizstaatsrat Mäurer in der gestrigen Ausschusssitzung alle Erwartungen – und erntete dafür Kritik der Grünen. Von anderen Parteien handelte er sich Spott ein. „Dann ist dieser Ausschuss wohl der Bote, der die Parteien zusammen bringt“, flachste der Ausschuss-Vorsitzende Horst Isola (SPD). „Bremen ist ja auch so groß.“

Der anwesende Vertreter des Zerp, Erich Röper, dagegen schäumte: „Was Mäurer sagt, stimmt doch nicht.“ Man habe den Kontakt zum Ressort schon vor Jahren aufgenommen. Auch habe die Bürgerschaft das Thema – aus bildungspolitischer Sicht – bereits diskutiert. „Ich kann's schon nicht mehr hören. Wir laden Mäurer ein, aber er kommt ja nicht“, stöhnt auch der Dekan des Uni-Fachbereichs Jura, Lorenz Böllinger. Derweil werden die Pläne der Bremer Rechtswissenschaftler bundesweit bereits als „Modell“ gehandelt.

ede

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