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Jeder will die besten Kontakte zum Iran knüpfen

■ Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Klose, wirbt für gute Beziehungen zu Teheran. Im Fall des Deutschen Hofer ist er „verhalten optimistisch“

Berlin (taz) – Nach mehr als zweijähriger Eiszeit tauschen die deutsche und die iranische Regierung wieder Nettigkeiten aus – und Politiker. In der vergangenen Woche reisten der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Hans-Ulrich Klose (SPD), und der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz nach Teheran. Gestern berichtete Klose in Berlin, die iranische Führung sei an einer „Entkrampfung“ des Verhältnisses interessiert, und Polenz assistierte, die Bundesregierung solle „aktiv auf die Signale der Öffnung“ aus Teheran reagieren.

Die Reise habe im Rahmen einer in der Europäischen Union abgestimmten Iranpolitik stattgefunden, heißt es aus dem Auswärtigen Ausschuss. Tatsächlich ist jedoch ein europäischer Wettlauf um die besten Iran-Kontakte zu beobachten. Bereits im vergangenen Jahr besuchte Irans Präsident Mohammad Chatami Italien und Frankreich. In Teheran empfing er den griechischen Präsidenten Konstantinos Stephanopoulos und dessen österreichischen Amtskollegen Thomas Klestil. Vorige Woche schüttelte Großbritanniens Premier Tony Blair dem iranischen Außenminister Kamal Charrasi in London die Hand.

Im Umfeld solcher Besuche werden zumeist Verträge unterschrieben. Da sich der Ölpreis im vergangenen Jahr verdoppelt hat, ist der Iran als Geschäftspartner wieder interessant. Entsprechend versprach Klose die Erhöhung der derzeit auf 30 Millionen Mark begrenzte Absicherung von Iran-Geschäften durch Hermes-Kredite.

Klose und Polenz setzten sich auch für Helmut Hofer ein. Der Hamburger war 1997 in Teheran festgenommen worden, angeblich wegen einer sexuellen Beziehung zu einer Muslimin. Zweimal verurteilten iranische Gerichte den Geschäftsmann zum Tode.

Hofer selbst und Diplomaten vermuten, dass der Vorwurf manipuliert war, um den in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilten iranischen Geheimdienstler Kasem Darabi freizupressen. Der Agent gilt als Organisator des Mykonos-Anschlags, der Ermordung von vier oppositionellen iranischen Kurden 1992 in Berlin.

Der in der Wohnung eines deutschen Diplomaten ausharrende Hofer habe „erstaunlich stabil“ gewirkt, berichtete Klose gestern. Er sei „verhalten optimistisch“, dass der Deutsche Iran bald verlassen dürfe. Doch davor steht noch ein Prozess: Am Donnerstag muss sich Hofer erneut vor Gericht verantworten. Obwohl er kein Persisch spricht, soll er im Gefängnis einen Beamten beleidigt haben.

Hofers Inhaftierung steht wirklichen deutsch-iranischen Frühlingsgefühlen im Weg. Irans Präsident Chatami bemüht sich seit Monaten um einen Besuchstermin in Berlin. Doch dort ist er unerwünscht, so lange Hofer den Iran nicht verlassen darf.

Kein Hindernis mehr ist dagegen der Mykonos-Anschlag. 1997 beschied das Berliner Kammergericht der gesamten iranischen Staatsführung, in das Attentat verwickelt zu sein. In der Folge wurden der iranische Botschafter in Bonn und der deutsche Vertreter in Teheran zurück beordert. Die Bundesregierung wies dutzende als Diplomaten getarnte iranische Geheimdienstler aus. Die Tehran Times zitierte Klose nun mit den Worten, er habe das Thema Mykonos nicht einmal angesprochen, da die „Akte für beide Seiten geschlossen“ sei. Nach Informationen der taz sind inzwischen auch einige der iranischen Agenten wieder an ihren Arbeitsplatz in Deutschland zurückgekehrt. Nicht von ungefähr hieß jüngst in der dem Teheraner Außenministerium nahestehenden Zeitung Iran News zu Deutschland „mit seinen freundschaftlichen Verbindungen zum Iran“ gebe es unter den europäischen Staaten „nichts Vergleichbares“. Thomas Dreger

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