: Wie zu Kurt Waldheims Zeiten
Israel erwägt seinen Botschafter aus Wien abzuziehen, falls die „Freiheitlichen“ tatsächlich in die Regierung einziehen
Mit Aufmerksamkeit werden in Israel nicht nur die Entwicklungen der österreichischen Koalitionsgespräche verfolgt, sondern vor allem auch die zunehmend deutlicheren Reaktionen aus dem Ausland. Die Kritik des französischen Präsidenten Chirac an der Partei Jörg Haiders stieß auf Genugtuung. Die offizielle Haltung Jerusalems wird nach wie vor von der Stellungnahme des israelischen Außenministers David Levy bestimmt, die dieser unmittelbar im Anschluss an die Veröffentlichung der Wahlergebnisse in Österreich abgegeben hatte.
Sollte Jörg Haider in die Koalition einziehen, dann werde „Israel eine Neueinschätzung der diplomatischen Beziehungen mit Österreich vornehmen“, so Aviv Schiron, Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem. Es sei „seither nichts passiert, was veränderte Aussagen notwendig machen würde“, fügte Schiron hinzu. Diese „Neueinschätzung“ wird möglicherweise den Ersatz der beiden Botschafter durch Konsuln bedeuten, ähnlich wie es zu Amtszeiten Kurt Waldheims Praxis war.
In der österreichischen Botschaft in Tel Aviv ist die Stimmung derzeit abwartend. „Im Moment ist noch alles spekulativ“, erklärte Kulturattaché Magister Sailler. Auf die Frage, ob er ein baldiges Ende für die Botschaft für möglich hält, meinte Sailler: „Auf spekulative Fragen antworte ich nicht.“ Während sich auch die meisten Politiker in Israel mit konkreten Verhaltensvorschlägen bedeckt halten, um zunächst die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen abzuwarten, zögerte die Tageszeitung Maariv nicht, deutlicher zu werden. Sollte „der Faschist“ Jörg Haider in die österreichische Regierung einziehen, dann tue Israel gut daran, „die diplomatischen Beziehungen mit Wien zu kappen“. Der Antisemitismus in Österreich nehme erneut zu. Auch wenn „Haider vielleicht kein Hitler ist“, so „biete das, was er ist, Grund genug für Israel, Entschiedenheit zu demonstrieren und klare Maßnahmen zu ergreifen“.
Die jüngsten Erklärungen Haiders hinsichtlich eines totalen Einwanderungsstopps werden in Israel kaum wahrgenommen. Tatsächlich besteht bei zahlreichen israelischen Journalisten eher Verwirrung über die parteiprogrammatischen Ziele Haiders . Der umstrittene Österreicher bekundete jüngst seinen Plan, Israel zu besuchen, um über sich und seine Partei aufzuklären. Bereits kurz nach den Wahlen in Österreich war Peter Sichrowsky, die Nummer zwei in der Partei und selbst jüdischen Glaubens, zu diesem Zweck nach Israel gereist. Sichrowskys Besuch wurde nicht nur kritisch, sondern vor allem neugierig verfolgt.
Susanne Knaul, Jerusalem
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