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Die Flughafen-Proteste erinnerten an Bürgerkrieg

Vor kaum 20 Jahren begannen die ersten Demonstrationen gegen die Startbahn West

Die Startbahn West des Frankfurter Flughafens war gebaut, die ersten Maschinen gestartet. Da versprach Holger Börner (SPD), damals Ministerpräsident des Landes Hessen: Mit dem Bau der Startbahn West sei die Wachstumsgrenze für den Flughafen markiert worden. Eine Kapazitätsausweitung durch einen weiteren Ausbau über das vorhandene Areal hinaus könne der Bevölkerung in den Städten und Gemeinden der Region nicht mehr zugemutet werden. Das war Mitte der 80er-Jahre

Vorausgegangen waren bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen im Frankfurter Mönchbruchwald. Hier standen Bürgerinitiativen und Kommunen nebeneinander, um gegen die verhasste Piste, diese Schneise aus Beton, zu demonstrieren. Vor dem Startbahnbau war der Mönchbruchwald ein Naherholungsgebiet für rund eine Million Menschen aus dem Umland.

Die sozialliberale Koalition in Hessen hat 1981 den Flughafenausbau beschlossen. Die Bürger waren enttäuscht. „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!“, wurde zum Schlachtruf der Bewegung. Die Hand für den Bau der Startbahn gehoben hatten auch SPD-Landtagsabgeordnete, die sich in den Monaten zuvor noch als entschiedene Startbahngegner präsentiert hatten.

Im hessischen Forst lieferten sich die Polizei, die den Bau der Startbahn für die Politik und die Frankfurter Flughafen AG (FAG) durchsetzen musste, und die Startbahngegner heftige Kämpfe. Die einen jenseits, die anderen diesseits der stacheldrahtbewehrten Schutzmauer.

Nach Tod zweier Polizistenflauten die Proteste ab

Eingesetzt wurden Wasserwerfer und Tränengas, Steine und Molotowcocktails. Es gab Verwundete auf beiden Seiten. Und Tote. Zwei Polizisten starben im November 1987, am 6. Jahrestag der Hüttendorfräumung durch Polizei und Bundesgrenzschutz, am so genannten Chaoteneck. Schüsse aus einer Pistole hatten sie tödlich getroffen. Der militante Startbahngegner Andreas Eichler wurde schuldig gesprochen und verurteilt. Eine taz-Reporterin deckte auf, dass die Schüsse die Polizisten nur zufällig getroffen haben konnten. Auf die Widerstandsbewegung wirkten die Toten wie ein Schock. Die Proteste gegen den Flughafenausbau flauten ab.

Börner und seine Sozialdemokraten regierten das Land derweil mit einer geschlossen ausbauwillig auftretenden FDP. Die Grünen wurden danach zu einer ernst zu nehmenden politischen Alternative – nicht nur in Hessen.

Mit den Plänen zu einer neuen Startbahn feiert die Protestbewegung ihre Wiederauferstehung. Die Kinder der Startbahngegner von damals sind im widerstandsfähigen Alter. Der Protest gegen eine neue Landebahn, ob im Norden oder im Süden, wird längst organisiert: von einem neuen Bündnis der Bürgerinitiativen gegen den Flughafenausbau und von den Kommunen.

Die Kriegskassen der Kommunen sind gefüllt

Die betroffenen Städte und Gemeinden haben vorsorglich ihre Kriegskassen gefüllt. Eine halbe Million Mark hat etwa die Opelstadt Rüsselsheim für den juristischen Kampf gegen die Piste im Haushalt eingestellt. Eine Million hat die Stadt Kelsterbach losgeeist. Bei einer Realisierung der Nordbahn würden die Düsenmaschinen in nur 80 Meter Höhe über den Ort hinwegdonnern.

Das Widerstandspotenzial wächst: Zum Beratungstermin der Rüsselsheimer BI für klagewillige Hausbesitzer kamen in der vergangenen Woche 400 Menschen. Erwartet wurden nur 40. Wohnungsbaugesellschaften haben erklärt, gegen die Ausbaupläne der FAG vor die Verwaltungsgerichte zu ziehen. Auch die Umweltverbände wollen klagen. Die Startbahnschlachten der Zukunft werden wohl vor Gericht ausgefochten.

Holger Börner hatte versprochen, es werde nach der Startbahn West keine neue Startbahn geben. Doch wie es scheint, wird auch der jetzt geplante Ausbau nur mit Stimmen der SPD vom hessischen Landtag beschlossen werden können. Denn die Mehrheit von CDU und FDP steht in dieser Frage auf wackligen Beinen. Ein CDU-Abgeordneter aus der Region hat bereits angekündigt, nicht für eine neue Landebahn zu votieren. Noch ein Abweichler, und die SPD müsste dem Projekt zu einer Mehrheit verhelfen. Das gilt als wahrscheinlich. Der Flughafen bringt Arbeitsplätze, und die sind den Sozialdemokraten wichtig. Der Ausbau müsse stattfinden, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gerhard Bökel. Seine einzige Bedingung: Die FAG müsse diesmal gleichzeitig die Lebensqualität der Menschen in der Region verbessern.

Klaus-Peter Klingelschmitt,Frankfurt

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