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Geld oder Liebe

Erster Empfänger des CDU-Schwarzgeldes bricht das Schweigen: Das Kino 3001  ■ Von Peter Ahrens

Die Spur führt direkt nach Hamburg. Die ersten Empfänger der hessischen CDU-Schwarzmillionen sind enttarnt: Das 3001-Kino im Schanzenviertel hat sich nach wochenlangem Schweigen an die Öffentlichkeit gewandt. „Wir geben zu, dass wir in der Zeit von 1993 bis 1998 von Manfred Kanther in seiner Eigenschaft als Innenminister insgesamt 75.000 Mark erhalten haben“, räumt das Kino nun ein.

Das Geld, so haben taz-Recherchen ergeben, wurde in die Beschaffung von Filmkopien gesteckt und auf diese Art gewaschen. Filme wie „Die Farbe des Geldes“, „Goldfinger“ oder auch der bekannte Aufklärungsfilm „Geld oder Liebe“ mit Mike Krüger und Thomas Gottschalk sollen auf diesem Wege finanziert worden sein.

Die Geldwäsche funktionierte auf die denkbar einfachste Weise: Offiziell wurden die Zuwendungen als Preise „für das herausragende Jahresfilmprogramm“ deklariert. Kanther war sich nicht zu schade, dafür gar Urkunden drucken zu lassen, die den Anschein erweckten, ein gewisser „Auswahlausschuss für Filmförderung“ habe das 3001 aufgrund seines Programmes erwählt. Gipfel der Perfidie: Es wurden gar Filme ins Programm eingeschleust, deren Regisseure längst tot sind. Chaplin, Hitchcock, John Ford: Ihr Name wurde durch so genannte Retrospektiven – getarnt als „filmische Vermächtnisse“ – in den Sumpf gezerrt.

Gegenüber der Öffentlichkeit gibt sich das Hamburger Kino nun als getäuschtes Opfer und rückhaltloser Aufklärer. Das 3001 verlangt von Kanther jetzt gar „Ausgleichszahlungen für Kulturförderung“ und schreibt in einer Pressemitteilung: „Sie können uns das Geld auch überweisen. Wir erleichtern Ihnen Ihre Tätigkeit damit enorm, weil Sie auf die Koffer/Plastiktüten-Variante verzichten können.“ Der Geschäftsführer des 3001-Kinos, Rainer Krisp, war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Er soll sich nach Rotterdam abgesetzt haben. Es wird vermutet, dass er dort „neue, interessante Filme auftun“ wolle. Wir wissen Bescheid.

Insider befürchten nun einen allgemeinen Ansehensverlust der Filmtheater-Branche. Schon jetzt höre man von KundInnen: „Es sind doch alle Kinos gleich. Es geht doch allen nur um Filme.“ Eine bedrohliche Entwicklung.

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