: Wieder Lust auf Tischtennis
■ Gespräch mit dem Tischtennisspieler Jörg Roßkopf, der mit seinem künftigen Klub TTV Gönnern noch mal „angreifen“ will, ab morgen aber erst mal bei der Mannschafts-WM in Malaysia spielt
taz: Herr Roßkopf, wird die Mannschafts-WM in Malaysia Ihre letzte Weltmeisterschaft sein?
Jörg Roßkopf: Mit Sicherheit nicht.
Der Wechsel nach Gönnern gibt Ihnen einen neuen Kick?
Nicht allein der Wechsel. Aus einer siebenmonatigen Verletzungspause kann man auch Motivation schöpfen. Man macht sich Gedanken – und das war ganz wichtig für mich. Die Lust auf Tischtennis kehrte zurück.
Im Gegensatz zur Europaliga wird das Doppel durch ein weiteres Einzel eines dritten Akteurs ersetzt. Ist der neue Modus ein Nachteil für die DTTB-Auswahl?
Wir besitzen vier, fünf, sechs gute Spieler. Zwar hätten wir gegenüber anderen Nationen im Doppel leichte Vorteile, aber ich denke, das WM-System ist trotzdem in Ordnung.
Ihr vieljähriger Doppelpartner Steffen Fetzner bleibt zugunsten von Zoltan Fejer-Konnerth zu Hause. Allein, weil das Doppel wegfällt?
Da er vermutlich wenig Einsätze bekäme, macht es kaum Sinn für ihn. Einem jungen Spieler bringt es mehr, die Atmosphäre zu schnuppern und interessante Erfahrungen zu sammeln.
Fürchten Sie nicht auch eines Tages solch eine Ausmusterung?
Ja, das kann passieren. Ich würde aber mit Sicherheit vorher aufhören. Solange ich spiele, möchte ich auch dazugehören.
Sollte Nationaltrainer Dirk Schimmelpfennig nächste Saison ins hessische Gönnern umziehen? Mit Ihnen und Timo Boll werden dort seine beiden besten Spieler sein.
Er hat einen guten Wohnsitz in Köln ...
Womit er nicht weit von Düsseldorf entfernt war ...
Ja, aber in Gönnern spielen nur drei von vielleicht zehn Nationalmannschafts-Kandidaten. Ich finde es nicht so dramatisch, dass Gönnern nun die komplette Nationalmannschaft stellt. In Düsseldorf hatten wir früher mit Wosik, Fetzner und mir auch drei Nationalspieler.
In Gönnern scheinen sich die wenigen verbliebenen Deutschen in der Bundesliga zu sammeln.
Ja, sicher ist es angenehm, dass mal wieder Deutsch gesprochen wird und junge Spieler da sind. Leider kann man heutzutage die Entwicklung in der Bundesliga nicht mehr aufhalten. Die Vereine oder Manager sollten sich aber schon Gedanken darüber machen, wie der Trend zu stoppen ist. Die Zuschauerzahlen gehen zurück, keine neuen Sponsoren kommen. In Gönnern geht man einen anderen, vernünftigen Weg mit deutschen Spielern. Und es gibt viele Zuschauer und neue Sponsoren.
Sie waren 14 Jahre in Düsseldorf. Nervt dann der Alltagstrott, sodass man sich einen Tapetenwechsel herbeisehnt?
Natürlich ist nach 14 Jahren alles eingefahren. Ich wollte einfach gegensteuern, noch einmal etwas Neues probieren und mit der Motivation in den verbleibenden zwei, drei Jahren nochmals angreifen.
Was trauen Sie dem TTV Gönnern in der nächsten Saison zu?
Ich denke, dass wir um alle Titel mitspielen können.
Timo Boll besitzt in der Bundesliga eine exzellente Bilanz. Wird er Ihr Nachfolger?
Er wird bestimmt kein Nachfolger, wenn er nur in der Bundesliga eine gute Bilanz hat. Dafür muss man auch mal Europa- oder Weltmeister werden. Er kann das schaffen mit seinem Potenzial.
Sehen Sie Parallelen zum jungen Jörg Roßkopf, der 1989 im Doppel in die Weltspitze stieß?
Er besitzt mit Sicherheit mehr Talent als ich. Es gehört jedoch sehr viel Glück, Ehrgeiz und Fleiß dazu. Es ist nicht allein mit Talent getan.
Noch ein kurzer Blick auf Ihren alten Verein: Verschwindet Rekordmeister Borussia Düsseldorf in der Versenkung?
Nein. Sie haben nächste Saison eine sehr gute Mannschaft und werden im Kampf um den Titel unser Konkurrent sein.
Also eher Tiefstapelei, wenn Trainer und Manager Andreas Preuß nur vom Klassenerhalt spricht?
Dafür müssten die anderen Mannschaften noch ziemlich gute Spieler einkaufen. Düsseldorf besitzt aber kein Team, das an Grenzau heranreichen wird. Grenzau hat nächste Saison mit Ma Wenge, Chen Zhibin, Korbel und Blaszczyk eine Übermannschaft.
Ihnen gefällt das weniger?
Die Identifikation der Fans ist das Problem in Grenzau: Mein Gott, sie werden am Ende vielleicht Deutscher Meister werden – aber mit dem teuer erkauften Titel werden sie am Ende bestimmt nicht glücklich werden. Mit vier Ausländern Deutscher Meister zu werden, ist schon ein starkes Stück. Was mich am meisten stört, ist, dass zu viele Spieler in die Bundesliga kommen und nur noch daran denken, wie viel Geld sie Ende des Monats erhalten. Ich meine, in Gönnern auf Spieler zu treffen, die wirklich heiß sind, in der Bundesliga zu spielen. Das war für mich immer das Entscheidende: zu wissen und zu sehen, dass die Mannschaft heiß ist.
Sie sollen in Gönnern genauso viel wie in Düsseldorf verdienen. Nur Ihr Arrangement mit Düsseldorfs Hauptsponsor Opel befindet sich noch in der Schwebe.
Es wäre schön, wenn’s mit Opel weitergeht, aber ich machte den Wechsel nicht davon abhängig. Ich wollte auch wegen meiner Familie zurück in die hessische Heimat. Egal, welche finanziellen Einbußen es mich gekostet hätte.
Gibt es schon Pläne für ein späteres Engagement bei Gönnern oder dem Verband?
Nein, der DTTB ist im Hessischen zwar in der Nähe, aber die Überlegungen sind nicht aktuell. Ich möchte noch drei, vier Jahre spielen und schauen, was ich mit der neuen Motivation erreichen kann. Interview: Hartmut Metz
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