Kinderschänder getötet

Der Mord an dem Briten Malcolm könnte eine Jagd auf Pädophile einleiten

Dublin (taz) – Er hat es verdient, ist sich die englische Boulevardpresse einig: Der 46-jährige William Malcolm, der vorige Woche in seiner Londoner Wohnung durch einen Kopfschuss getötet worden ist, war ein verurteilter Kinderschänder. „Gerächt“, freute sich der Mirror, und die Sun berichtete, dass die Nachbarn, nachdem die „Kindersexbestie“ getötet worden war, gejubelt hätten.

Malcolm war 1981 wegen Vergewaltigung eines Mädchens verurteilt worden. Vor sechs Jahren stand er erneut wegen Vergewaltigung vor Gericht, wurde wegen eines Verfahrensfehlers jedoch freigesprochen. Mit seiner Hinrichtung scheint die Jagd auf Pädophile eröffnet zu sein. Der Mirror legte am Freitag mit der Enttarnung von Albert Dyson nach. Der hatte sich 20 Jahre versteckt, nachdem er 1981 zu 18 Monaten Gefängnis wegen der Vergewaltigung eines Jungen verurteilt worden war.

Er soll danach weitere Taten begangen haben. Dyson ist einer von 28 Männern, die in einem vorige Woche veröffentlichten Untersuchungsbericht als „verdächtig und untergetaucht“ benannt werden. Der Waterhouse-Ausschuss hat den Kindesmissbrauch in nordwalisischen Kinderheimen in den vergangenen zwei Jahrzehnten untersucht. In seinem Bericht sind 200 Heimangestellte aufgelistet, die des Kindesmissbrauchs überführt sind oder beschuldigt werden. Viele Namen waren vor zehn Jahren in einem Bericht aufgetaucht, der jedoch auf Druck der Versicherungen geheim gehalten wurde, weil sie Schadensersatzklagen befürchteten.

Der Labour-Abgeordnete Martyn Jones will diese Woche Namen von 50 Männern, die im Waterhouse-Bericht des Kindesmissbrauchs verdächtigt werden, im Unterhaus verlesen. Nach dem Mord an Malcolm gibt es daran kaum Kritik. Malcolm ist der erste Täter, der in Britannien ermordet wurde. Bisher hatten sich die Vigilantengruppen darauf beschränkt, Pädophile aus den Vierteln zu vertreiben, sie zu verprügeln oder ihre Häuser zu demolieren.

George Belmonte, der sechs Mal wegen Kindesmissbrauchs im Gefängnis gesessen hat, findet es falsch, dass die Polizei die Nachbarn über seine Verurteilungen informiert. „Vigilantengruppen organisieren Vendettas gegen Leute wie mich. Ein Mann, der Angst hat, ist gefährlich. Es wird zu einer Katastrophe wie im schottischen Dunblane kommen, wo ein Pädophiler 16 Kinder und ihre Lehrerin erschossen hat.“ Ralf Sotscheck